Erwartungen aus der Praxis: Reichweite viraler Werbung (Teil 15 der Serie zu viraler Werbung)

Weiter geht es mit der Darstellung der Ergebnisse der Interviews mit Alexander Mühr von DraftFCBi (Xing, Facebook), Albert Waaijenberg von Demner, Merlicek& Bergmann und einer dritten Person, die nicht genannt werden möchte. Der Text gibt die zusammengefassten und kategorisierten Aussagen der Befragten wieder, die von mir aneinandergereiht und miteinander verbunden wurden. Die Gespräche wurden im Sommer 2008 geführt und inhaltsanalytisch nach Mayring untersucht. Der Text gibt die zusammengefassten und kategorisierten Aussagen der Befragten wieder, die von mir aneinandergereiht und miteinander verbunden wurden.

Von Viraler Werbung wird erwartet, dass sie Menschen erreichen kann, die über klassische Werbung nicht erreicht werden hätten können. Botschaften also, die über klassische Werbung nicht bei der relevanten Zielgruppe vermittelt werden können, sollen über die interpersonellen Kommunikationsnetzwerke verteilt werden.

Dementsprechend wird virale Werbung, die nicht verbreitet wird als sinnlos angesehen.

Ich meine […] es ist natürlich bei viralen Kampagnen notwendig, dass sie einen Impact haben. Also Impact oder halt wirklich viele Kontakte erzeugen, weil sonst sind sie ja sinnlos wenn es nur 2000 Leute sind. (Mühr, Anhang 7: 10)

Und beim Internet ist irgendwie […] die Schwierigkeit, dass man eben schnell mal trotzdem zwanzigtausend in den Sand gesetzt hat und nur tausend Leute haben den Film angeschaut. (Waaijenberg, Anhang 6: 3)

Bei den Erwartungen an die Reichweite und Verbreitung tritt für die Vertreter der Werbeagenturen allerdings ein Problem auf, dass sich auch bei der Diskussion der Wirkungserwartungen sehr schnell zeigt: jenes der Mess- und Steuerbarkeit. Im Fall der Reichweite führt dies zu einem veritablen Widerspruch. Zum einen wird von Werbung im Internet eine zielgenaue Ansprache bestimmter Segmente erwartet, zum anderen wären aber die Steuerung und Messung der Reichweite bei viraler Werbung nicht oder nur schwer möglich.

Ich kann natürlich Foreneinträge anschauen […]. Nur das allein, der Zugriff allein, ist noch kein aussagekräftiger Wert. (Mühr, Anhang 7: 3)

Und man weiß zwar, dass eine Million User jetzt auf dieser Seite waren wo meine Werbung gelegen ist, aber wie viele von dieser Million Zuschauern da wirklich auf meine Werbung reagiert. Das ist immer noch die größere Unbekannte. (Waaijenberg, Anhang 6: 3)

Eine virale Kampagne ist eine, die sich verbreitet jenseits der klassischen Werbung. Und das passiert dir oder passiert dir nicht. Also das kannst, ich glaube es ist schwer steuerbar. (Anonym, Anhang 8: 2)

Diese Problematik beim Konzept viraler Werbung kann auch da beobachtet werden, wo es um die Frage der Abdeckung größerer Reichweiten geht. Während viraler Werbung im Falle erfolgreicher Kampagnen über Blogs und Communities durchaus „massenmediale Effekte“ zugetraut werden, wird sie zum derzeitigen Zeitpunkt zum automatischen Erreichen einer breiteren Öffentlichkeit als nicht geeignet empfunden.

Diese Schwierigkeit könnte erklären, warum „Virals“ in den häufigsten Fällen ergänzend zu TV- und Print-Werbung eingesetzt oder bei der Realisierung der klassischen Werbung von Seiten der Agentur mitgedacht werden. Klassische Werbemaßnahmen garantieren eine gewisse Mindestanzahl an Kontakten mit der Zielgruppe, wenn darüber hinaus Reichweitengewinne durch die Verbreitung über interpersonelle Kommunikationsnetzwerke erreicht wird, so ist das ein erwünschter Nebeneffekt. Virale Verbreitung oder auch Gespräche über klassische Werbung werden allerdings nicht als notwendig für den Erfolg von Werbung an sich betrachtet.

Erwartungen aus der Praxis: Das „Wesen“ viraler Werbung (Teil 14 der Serie zu viraler Werbung)

Bisher behandelte die Bakkalaureatsarbeit ausschließlich theoretische Ansätze die man auf virale Werbung übertragen kann. Nun kommen Auszüge aus Kapitel 5, in der die Ergebnisse aus Experteninterviews mit 3 Vertretern der österreichischen Werbebranche diskutiert werden. Dabei geht es zuerst um das „Wesen“ viraler Werbung, dann um die Erwartungen an Reichweite, Wirkungen und die Rolle der RezipientInnen. Die Gesprächspartner waren Alexander Mühr von DraftFCBi (Xing, Facebook), Albert Waaijenberg von Demner, Merlicek& Bergmann und eine dritte Person, die nicht genannt werden möchte. Die Gespräche wurden im Sommer 2008 geführt und inhaltsanalytisch nach Mayring untersucht. Der Text gibt die von mir zusammengefassten und kategorisierten Aussagen der Befragten wieder.

Anhand der erhaltenen Definitionen und der im Gespräch geäußerten Facetten lässt sich ein Bild des „Wesens“ viraler Werbung für die Kommunikationspraxis zeichnen.

Virale Werbung […] wenn man es jetzt mit einer Agentur vergleicht, ist es vielleicht das, wie sich in einer Firma oder in einer Agentur eben ein Gerücht verbreitet. (Waaijenberg, Anhang 6: 13)

Ein Stück Werbung, das so speziell ist, dass es sich quasi von selbst verbreitet. (Anonym, Anhang 8: 11)

Unternehmenscontent mit eindeutigen, mit schlussendlich werblichen bzw. marketingrelvanten Aufgaben, der aufgrund seiner Beschaffenheit, seiner Aufmachung, seiner Umsetzung dazu führt, dass er freiwillig von Rezipienten verteilt wird und sich dazu im Idealfall auch wirklich in einer viralen also exponentiellen oder schneeballartigen Weise verbreitet. (Mühr, Anhang 7: 19)

Virale Werbung wird als Unternehmensinhalt gesehen, der eine gewisse außergewöhnliche Beschaffenheit hat und sich eben aufgrund dieser Beschaffenheit exponentiell, „wie von selbst“ über ein Medium verbreitet. Die Außergewöhnlichkeit des Inhalts bezieht sich dabei auf einen Mehrwert aus den Bereichen Unterhaltung oder Information. Allerdings wären diese Eigenschaften nicht von vornherein festlegbar, da schlussendlich die RezipientInnen entscheiden würden, was viral wird. So könnten auch TV-Spots, ob der zunehmenden Konvergenz der verschiedenen Medientechnologien, viral verbreitet werden.

Darüber hinaus wird es nicht als ausschlaggebend gesehen, ob der Inhalt nun von einer berühmten Marke kommt oder nicht, da es sich bei viraler Werbung eben um etwas handelt, das nicht vordergründig Werbung ist oder sein sollte. Den Erwartungen der Interviewpartnern zufolge steht bei der Weiterleitung der Werbung eindeutig der außergewöhnliche Inhalt im Vordergrund.

Interessant ist hier, dass bei viraler Werbung deren Ungewöhnlichkeit aus den Bereichen Unterhaltung und Information betont wird und gleichzeitig auch bei der Werbung an sich von den Gesprächspartnern angemerkt wird, dass es nur darum gehen kann, etwas zu schaffen, das interessiert und begeistert. Wenn also die Werbung im Allgemeinen nur interessieren kann und etwas sein kann das man sie sich gerne ansieht, stellt sich die Frage, wo nun genau der Unterschied zu viraler Werbung im Speziellen liegt.

Wettbewerbsvorteil, WOM-Marketing, Unvollkommenheit, Markenführung

Gestern ist ein Gastbeitrag von mir auf ConnectedMarketing.de von Martin Oetting erschienen. Ich freu mich natürlich sehr darüber und dachte mir auf meinem Blog sollte zumindest eine kurze Einleitung und ein Link dazu stehen.

Word of Mouth Marketing, Mundpropaganda Marketing, Viral Marketing und Virale Werbung werden in der Marketing- und Kommunikationsbranche heftig diskutiert. Nun ist man sich zwar nicht erst seit gestern einig, dass Mundpropaganda wichtig ist. Wie man damit umgehen soll, welche Auswirkungen die Interaktionen der Menschen auf ein Unternehmen haben und welche Wirkung Mundpropaganda-Marketing hat, darüber scheiden sich jedoch die Geister.

Als zum Beispiel Ford in den USA 100 online-affinen jungen AmerikanerInnen aus dem ganzen Land den Ford Fiesta vor der Markteinführung zum Testen gab und um öffentliches (Online-) Feedback bat, dauerte es nicht lange, bis es Kritik setzte. Die Kampagne sei vielleicht eine effektive Taktik, allerdings seien Aktionen wie diese keine Quelle für nachhaltigen Wettbewerbsvorteil, denn der gleiche Ansatz könne auch für andere Autos funktionieren, die auf junge Fahrer abzielen. Ford habe zudem weniger Einfluss auf das öffentliche Image des Fiestas und man erreiche dadurch keine langfristige Differenzierung für die Marke (Generating buzz – Ford taps social-media mavens to spread the word about redesigned subcompact Fiesta).

Was motiviert diese Kritik? Ist sie berechtigt? Und wenn nein: was ist der Wettbewerbsvorteil von WOM-Marketing?

Den Rest von meinem Senf gibt’s hier