Der Stellenwert der Werbung in der (deutschsprachigen) Kommunikationssforschung (Teil 10)

Nach der Beleuchtung der Hintergründe und Gemeinsamkeiten all der „heißen“ Marketing- und Kommunikationskonzepte – vom Mundpropaganda-Marketing bis zum Branded Entertainment -, kann man sich nun die Frage stellen was die Kommunikationswissenschaft denn eigentlich zur Klärung der Problemstellungen beitragen kann.

Dabei drängt sich zuallererst die Frage der Zuständigkeit auf. Fühlt sich die Kommunikationswissenschaft eigentlich zuständig für das Thema Werbung?

Die einfache Antwort auf diese Frage lautet „Nein“ (vgl. Zurstiege 2004). Obwohl die Werbung einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor darstellt und fest in Gesellschaft und Kultur eingewoben ist, wird sie in jener Wissenschaft, die sich „[…] mit den sozialen Bedingungen, Folgen und Bedeutungen von medialer, öffentlicher und interpersonaler Kommunikation“ beschäftigt (DGPUK 2008a), nur am Rande betrachtet. Während sich in der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPUK) eine eigene Fachgruppe mit PR- und Unternehmenskommunikation beschäftigt (vgl. DGPUK 2008b), sucht man vergeblich nach einer Fachgruppe „Werbung“. Dazu kommt, dass in jenen Beiträgen, in denen sich Vertreter der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft mit Werbung beschäftigen, oft die Konnotation der zuletzt beschriebenen Werbekritik (zu viel und böse) mitschwingt (vgl. Zurstiege 2004). So wird Werbung bei Rühl (1999:62, zit. n. ebd.) zum Rauschen im Programm der Medien und bei Bentele zur problematischen Kommunikationsform per se (Bentele 1999:5 zit. n. ebd.).

Das Forschungsfeld wird bislang also zu einem großen Teil jenen Disziplinen überlassen, die sich traditionell mit der kommerziellen Erforschung der Werbung beschäftigt haben – der Psychologie und der Wirtschaftswissenschaft. Wenn es auch inzwischen einführende Literatur zur kommunikationswissenschaftlichen Werbeforschung gibt, so existieren nach wie vor wenige empirische kommunikationswissenschaftliche Studien, die sich unmittelbar mit Problemstellungen der Werbung auseinandersetzen.

Wenn aber Virale Werbung eine Entwicklung aus den systemimmanenten Krisen der Werbung ist und sie auf die Publikation eines Medienangebotes und deren Anschlusskommunikation aufbaut, so lässt sich schwer abstreiten, dass die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft für dieses Themengebiet zuständig wäre.

Die Zuständig wäre geklärt, weiter geht es also mit der „Forschung im Konjunktiiv“. Damit meine ich nicht den Stand der Forschung an sich. Denn obwohl es nur wenig kommunikationswissenschaftliche Forschung zum Thema „Werbung“ an sich gibt, existieren dennoch Ansätze und Forschungstraditionen, die für das Phänomen „Virale Werbung“ nutzbar gemacht werden könnten. Im nächsten Beitrag wird also die Mediennutzungsforschung herangezogen um die Frage zu beantworten: „Was machen die Menschen eigentlich mit Medien?“

Literatur:

  • Bentele, Günter (1999): Gegenstands- und Problembereiche, Systematiken, Theorien und Methoden unseres Fachs. In: Aviso, 24. Jg., Heft 4/1999, 4-8.
  • DGPUK (2008a): Kommunikation und Medien in der Gesellschaft: Leistungen und Perspektiven der Kommunikations-und Medienwissenschaft. Eckpunkte für das Selbstverständnis der Kommunikations- und Medienwissenschaft. Selbstverständnispapier der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) verabschiedet auf der Mitgliederversammlung am 1. Mai 2008 in Lugano. http://www.dgpuk.de/napex/upload/dgpuk//Texte/DGPuK_Selbstverstaendnispapier-1.pdf (zuletzt aufgerufen am 08.11.2008)
  • DGPUK (2008b): Fachgruppen. http://www.dgpuk.de/index.cfm?id=3387 (zuletzt aufgerufen am 08.11.2008)
  • Rühl, Manfred (1999): Publizieren und Publizistik – kommunikationswissenschaftlich beoachtet. In: Publizistik, 44. Jg., Heft 1/1999, 58-74.
  • Zurstiege, Guido (2004): Kleiner Grenzverkehr zwischen Werbung, Journalismus und Kunst. http://www.sjschmidt.net/essays/texte/zurst.htm (zuletzt aufgerufen am 08.11.2008)

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