Erwartungen aus der Praxis: Die Rolle der Rezipientinnen und Rezipienten (Teil 17 der Serie zu viraler Werbung)

Die Rolle der RezipientInnen im Konzept virale Werbung ist eine gespaltene. Zum einen sind sie RezipientInnen im Sinne der klassischen Werbung, das heißt EmpfängerIn und AdressatIn einer Botschaft, über den man sich bei der Konzeption von Werbung Gedanken macht. Zum anderen wird von den RezipientInnen viraler Werbung erwartet, dass sie diesen Inhalt an Personen in ihrem Umfeld weiterleiten, also aktiv handeln.

Die RezipientInnen sind aus Sicht der PraktikerInnen stark vernetzt, offen im Umgang mit Neuem, erfahren im Umgang mit Werbung und dem Internet und auch sehr kritisch, was sich in der Wichtigkeit zeigt, die der Glaubwürdigkeit und Stimmigkeit von werblichen Angeboten beigemessen wird. Virale Werbung, die sich plump als Nicht-Werbung tarnt oder aber auch inhaltlich unglaubwürdige Werbung, würde bei den RezipientInnen auf Ablehnung stoßen und in weiterer Folge leicht starke negative Aufmerksamkeit schaffen.
Wie sich allerdings auch bei der Vorstellung der vernetzten „User“ zeigt, werden die RezipientInnen durchaus als soziale Wesen wahrgenommen, die aus der Rezeption und Weiterleitung von Werbung eine Vielzahl an Nutzen ziehen können.

Also ich denk mir […] es ist zwar so, dass viele Leute über Werbung schimpfen und auch sagen, ich will mit Werbung nichts zu tun haben […], aber letztendlich ist […] Werbung doch ein […] Bereich wo sehr kreativ oder sehr lustig, sehr spannende Sachen passieren. Und wenn ich natürlich wirklich das schaffe […] so was zu produzieren, dass es wirklich lustig und witzig ist, dann wird oft […] beim Betrachter in den Hintergrund rückt, dass das Werbung ist. (Waaijenberg, Anhang 6: 11)

Weil er sich unterhalten gefühlt hat. Weil er es schön gemacht findet. Es ist eher der Spaßfaktor. […] Oder wenns ungewöhnlich daherkommt. (Anonym, Anhang 8: 9)

Aber eins, und da bin ich der großen Überzeugung davon, eines der großen Bedürfnisse der Menschen ist, Resonanz zu erhalten. Und wenn ich einen total witzigen Spot herumschicke, der einfach wirklich gut gemacht ist, ja, und den an meine Freunde schicke, dann erhalte ich als Resonanz und Mehrwert irgendwie eine, eine Art von positives Feedback. (Mühr, Anhang 7: 11)

Ganz vorne steht der Unterhaltungsnutzen, den RezipientInnen aus Werbung ziehen und so zu viraler Werbung machen. Darüber hinaus wird aber auch – wie vom Vertreter der Interaktivagentur geäußert wurde – erwartet, dass sie dadurch ihre Position im sozialen Netzwerk stärken, interessant oder anders erscheinen können und vor allem selbst Aufmerksamkeit und soziales Feedback erhalten würden. Diese Phänomene, die Vernetzung und das aktive Handeln, werden dabei nicht auf die Gegenwart beschränkt, sondern als fundamentale menschliche Bedürfnisse gesehen.