Im Westen viel Neues

Welcome to Vancouver

Anstatt Schnee gibt es heute also Regen. Auch sehr viel, auch sehr nass. Man gewöhnt sich sehr schnell an nasse Socken und Menschen die mit Gummistiefel über den Campus latschen.

Was hat sich also getan in den letzten Tagen?

Ich hab meinen Raum getauscht mit Nadeem, der mit seinen Freunden zusammenziehen wollte und jetzt einen Stock unter mir wohnt. Damit bin ich jetzt im obersten Stockwerk – im 17. um genau zu sein und habe nach wie vor den schönen Blick auf Vancouver. Von meinen Flat-Kollegen habe ich noch nicht so wahnsinnig viel gesehen. Ich weiß nur, dass ich mir eine Pfanne mitnehmen hätte sollen, aber das ist eine andere Geschichte.

Es gibt eine Menge zu tun hier am Campus. Sonntag Abend war ich mit Wolfi im Aquatic Center trainieren. Das Aquatic Center ist eines von 4 Fitness- und Sportcentern hier am Campus. Hier kann man als UBC Student von früh bist spät und Montag bis Sonntag schwimmen, saunieren und den Fitnessbereich benützen. Der Vorteil vom Aquatic Center? Es ist im Gegensatz zu den anderen Fitnessstudios hier gratis. Da das Center auch nur 10 Minuten zu Fuß weg ist, wird man mich oder uns dort auch noch öfter sehen. Ich mag Campus-Universitäten.

Essen waren wir dann im „Village“, wo es einen internationalen – bzw. asiatischen – Foodcourt gibt: japanisch, malaysisch, indisch, vietnamesisch, chinesisch und andere Köstlichkeiten auf wenigen Quadratmetern und sehr, sehr günstig. Eine Portion ausgezeichnet gewürztes malaysisches Curry an der ich fast 30 Minuten gegessen habe kostet hier mit Plastikgeschirr und Löffel $5.50, umgerechnet also weniger als 4 Euro. I’m lovin‘ it, sozusagen.

Am Montag war es dann Zeit für die ersten Kurse. Market Research ist ein dreistündiger Kurs, den wir Montag, Mittwoch und Freitag haben und der 2 Gruppenprojekte, 2 Tests und eine Menge Hausübung beinhalten wird. Da wir von Problemstellung bis multivariante Datenanalyse mit SPSS ungefähr alles machen werden, gehe ich davon aus, dass mich dieser Kurs wohl am Meisten beschäftigen wird. Der Prof. ist bislang sehr freundlich und extrem kooperativ – was soviel heißt als dass wir sogar seine Handynummer bekommen haben „if you are in serious trouble“. Danach kam gleich Consumer Behaviour bei JoAndrea Hoegg – wir können sie auch Joey oder, wenn wir lustig sein wollen, Dr. Ho nennen. Der Kurs hat auch drei Stunden und heißt offiziell Buyer Behaviour, aber da Menschen ja mehr machen als nur Kaufen – Stichwort: Identität, Herde, … – nennt sie es Consumer Behaviour. Hat im Deutschen mit „Verbrauchen“ zwar immer noch eine abschätzige Bedeutung, aber immerhin. Der Kurs beinhaltet die drei Kapitel psychologische Grundlagen, Entscheidungsprozesse und kulturelle Einflussfaktoren und deren Relevanz für Marketingstrategien. Klingt ziemlich nach rationalistischem Modelle-Basteln, aber nach der ersten Einheit bin ich mal optimistisch, dass es nicht so sein wird. Heute gleich anschließend habe ich meinen dritten Kurs, Promotion Strategy (oder Integrated Marketing Communications) – ein 4th year course und deswegen vermutlich auch jener in dem zum ersten mal auf der Probe steht inwieweit das was ich bisher gelesen, gelernt, ausprobiert und erfahren habe auch in nordamerikanischen Uni-Kursen bestehen wird. Die offiziellen Uni-Voraussetzungen erfülle ich mal nicht, aber als Austauschstudent hat man eben so seine Freiheiten. Der Prof. war ein paar jahre bei JWT und dann lange bei Unilever North America in der Consumer Division. Er sollte also durchaus Erfahrung mit Pitches, Planning und anderem Zeug haben. Ich bin schon gespannt. Die negative Seite anderen Kursen macht sich übrigens gerade auf meiner Mastercard-Abrechnung breit: 400 kanadische $ für 3 Bücher, wobei eines sogar gebraucht ist, sind nicht gerade wenig. Aber was will man machen – Literaturlisten werden hier einfach ernster genommen als in meinen bisherigen Studien.

Ansonsten: war gestern nach unserem international orientation program gleich die erste spontane Zimmerparty im Südturm beim Flo, einem anderen WU-Studenten hier. Es macht schon irgendwie Spaß, wenn sich Studenten aus Neuseeland, den USA, Spanien, Kanada und Österreich in einem kleinen Apartment versammeln. Ungewohnt für die europäische Abordnung: Die gehen hier alle um 1 ins Bett, eine Zeit in der man in Spanien und zum Teil auch in Wien noch immer nicht die Wohnung verlassen hat. Und weiters: In Kanada raucht man nicht. Man tut es einfach nicht. Kanadische Studenten können nicht verstehen wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, Zigaretten zu rauchen. Wenn hier von „smoke“ geredet wird, dann meint man homegrown Marihuana aus British Columbia, auf das hier alle fürchterlich stolz sind (nope – keine Erfarhungen damit).

In diesem Sinne werd‘ ich jetzt gleich mal meine auf güldernem Papier mit Platindruck verfassten Bücher zur Hand nehmen und lernen.

Angekommen am Campus der University of British Columbia

Seit gestern Nachmtag bin ich also „endlich“ hier, am Campus der University of British Columbia, in beziehungsweise außerhalb Vancouvers. Der Campus ist riesig, unvorstellbar riesig. So groß, dass hier Buslinien verkehren und es einen eigenen kleinen Busbahnhof gibt. Der „Campus Bookstore“ ist nicht etwa ein kleiner Facultas, sondern geht eher in Richtung Thalia. Es gibt verschiedene Foodcourts und Faculty Buildings und dazwischen immer wieder Grün – obwohl momentan alles weiß ist. Abgeschlossen ist der Campus von 760 Hektar Park in Richtung Downtown und rundherum Meer. Aus meinem Zimmer im 16. Stock sieht man auf schneebedeckte Berge, die Skyline Vancouvers und Meer. Aber auch hier gilt – momentan ist alles nur weiß.

Normalerweise schneit es ja in Vancouver nicht oder fast nicht. Wenn es aber schneit, sind alle – oder zumindest jene die für die Räumung zuständig sind – heillos überfordert. Die Straßen werden geräumt – und zwar auf die Gehsteige, dort friert dann alle zu pickelhartem Eis zusammen. Kein gutes Pflaster für gebrechliche Menschen. Das Ganze ist übrigens nicht nur am Campus so, sondern auch in Downtown Vancouver – wobei dort dann eher Schneematsch zu besichtigen ist.

Die Stadt Vancouver gefällt mir extrem gut. Vom Flair ist die Stadt ein bisschen wie Barcelona, nur kälter. Es ist überall Meer. Downtown ist von Wasser eingeschlossen, im Süden liegt Granville Island, eine kleine charmante Insel zu der es eine Fährverbindung mit Minibooten gibt und wo der Naschmarkt Vancouvers beheimatet ist. Im Norden liegt der Stanley Park, einer der größten Parks Nordamerikas, ebenfalls eingeschlossen von Wasser mit Aquatic Center und einer der schönsten Laufstrecken die man sich so vorstellen kann. Am Neujahrstag haben sich am Strand dort mutige Restalkoholiker zum jährlichen Polarbear Swim in die Wellen gestürzt. Bei gefühlten Minusgraden im Freien und ein paar heißen Graden im Meer ein lustiges Unterfangen – vor allem wenn man nur dabei zusieht. Ansonsten gibt es hier noch den Chinatown, der so aussieht wie Chinatowns eben aussehen und East Downtown mit der berüchtigten Hastings Street, in die man sich bei Tag und bei Nacht nicht so richtig trauen soll (letztes Jahr soll sich ein Student dorthin verirrt haben, worauf ihm mit einer Machete ein Arm abgeschlagen worden sein soll). Gelebt haben wir die Tage über Silvester in einem Hostel im West End von Vancouver Downtown – der Rainbow Area – hier lebt eine der größen schwulen Communities der Welt, an den Straßenkreuzungen hängt die Rainbow-Fahne und auch jeder Club hat ein Rainbow-Pickerl an der Tür. Es gibt also viele unterschiedliche Neighbourhoods hier und auch ohne alle gesehen zu haben gefällt mir der Flair, das Gefühl der Stadt. Eine große Stadt ohne Menschen mit Großstadtblicken. Bunt und entspannt. So mag ich das.

(Es beschleicht mich so ein Gefühl, dass das hier spannende 4-5 Monate werden könnten.)

Jetzt werd ich mal nach Lebensmitteln suchen – und dann endlich Fotos in den Blog stellen …