Was ist virale Werbung? (Teil 7)

Wie passt die Virale Werbung in das Feld der verschiedenen Ansätze wie Viral Marketing, Branded Entertainment, Guerilla Marketing oder Word-of-Mouth-Marketing?

Zuerst drängt sich hier jene Verwendungsweise des Begriffs „Viral Marketing“ auf, wie er von der WOMMA und anderen Autoren verwendet wird. Viral Marketing sind hier Kampagnen, in denen unterhaltsame oder informative Mitteilungen auf Basis von viraler Kommunikation verbreitet werden (vgl. WOMMA 2008b). Strenggenommen fehlen hier allerdings all jene Elemente eines Marketing-Mix, die den Begriff Marketing erst zulässig machen würden: nämlich Produkt, Preis und Distribution (vgl. Kotler 2006: 149f). Es lässt sich also mit Martin Oetting sagen:

Virales Marketing ist [.] eigentlich die komplette Ausrichtung aller Marketinganstrengungen auf Mundpropaganda. Virale Werbefilme sind weit weniger, Virale Werbung eben. (Martin Oetting 2006b)

Eine andere Art Virale Werbung abzugrenzen wählen Porter und Golan (2006), die aus der inhaltsanalytischen Untersuchung von viralen Kampagnen schließen, dass sich Virale Werbung signifikant von klassischer TV-Werbung unterscheidet. In ihrer Definition wird in Gegenüberstellung zu dieser vor allem herausgehoben, dass Virale Werbung unbezahlt, persönlich und über das Internet vermittelt wird und darüber hinaus außergewöhnlichen, oft provokanten Inhalt enthält.

Viral advertising is unpaid peer-to-peer communication of provocative content originating from an identified sponsor using the Internet to persuade or influence an audience to pass along the content to others. (ebd. 33)

An diesen Eigenschaften – unbezahlt und unkonventionell oder unterhaltsam – wird wiederum die Nähe zu Ansätzen wie Guerilla Marketing und Branded Entertainment sichtbar. Man kann allerdings anmerken, dass diese Definition ohne weiteres auch für Branded Entertainment gelten könnte. So taucht jene BWM-Kampagne, die von den Autoren zitiert wird (vgl. ebd.:32), in vielen Fallstudien für Branded Content auf (Halliday/Graser 2005, Raney et. al. 2003: 42).

Also in 2002, BMW spent more than $10 million on their popular BMW Films series, where they commissioned Hollywood directors to direct edgy short films featuring established stars careening around the screen in (and often destroying) BMWs. BMW distributed the films entirely on the World Wide Web and promoted each film strictly through viral marketing, attracting nearly 55 million viewers. (Porter/Golan 2006)

Die Definition hilft auch in jenen Fällen nicht weiter, in denen sich klassische TV-Spots im Internet verbreiten, wie man beispielsweise beim Honda-Spot „The Cog“ , oder in kleinerem Rahmen bei einem Manner-Spot beobachten konnte. Wird hier klassische TV-Werbung plötzlich zu viraler Werbung? Oder klassische TV-Werbung zu Branded Entertainment?

Madison Avenue has always tried to create infectious ads. Think of those beer commercials with catch phrases that some of your more tiresome co-workers repeat around the water cooler. (Leonard 2006)

An der Tatsache, dass auch „normale“ TV-Spots, über die früher einfach gesprochen wurde, ihren Weg in das Web und die exponentielle Verbreitung finden können, zeigt sich eine andere Schwäche der Definition von Porter und Golan. Welche Werbung viral „wird“, entscheidet sich konstruktivistisch gesehen erst nach der Rezeption bei der Nutzung der RezipientInnen. Was sich ex-post in der Definition von Porter und Golan beobachten lässt, ist ex-ante schwer zu planen.

In Anbetracht der Abgrenzungsschwierigkeiten von Branded Entertainment und „infektiöser“ klassischer Werbung soll viraler Werbung für die vorliegende Arbeit breiter, und zwar wie folgt verstanden werden:

Als Virale Werbung können all jene Formen der werblichen Kommunikation bezeichnet werden, die von RezipientInnen im Anschluss an die Rezeption über das Internet an Personen in ihrem sozialen Umfeld weitergeleitet werden.

Im nächsten Teil werden die Gemeinsamkeiten und die Herkunft der verschiedenen Ansätze diskutiert.

Es gibt übrigens einen interessanten Artikel von Faris Yakob übrigens den Unterschied zwischen „Viralität“ als Eigenschaft und „Viralität“ als Mediennutzungsform.

Literatur:

  • Halliday, Jean/Graser, Marc: BMW abandons Madison & Vine. In: Advertising Age, 00018899, 10/3/2005, Vol. 76, Issue 40.
  • Kotler, Philip/Bliemel, Friedhelm (2006): Marketing-Management. Analyse, Planung und Verwirklichung. 10., überarbeitete und aktualisierte Auflage. München [u.a.]: Pearson Studium.
  • Oetting, Martin (2006b): Viral Advertising: Grundlagen.
  • Porter, Lance/Golan Guy J. (2006): From Subservient Chickens to Brawny Men: A Comparison of Viral Advertising to Television Advertising. In: Journal of Interactive Advertising, 6. Jg., Heft 2/2006, 30-38.
  • Raney, Arthur A. et al (2003): At the movies, on the Web: An investigation of the effects of entertaining and interactive web content on site and brand evaluation. In: Journal of Interactive Marketing; 17. Jg., Heft 4/2003, 38-53.
  • Roddy, Kevin (2006) in Leonard, Devin (2006): Viral Ads: It’s an Epidemic. In: Fortune. New York: 2. Oktober 2006, 154. Jg., Heft 7/2006, 61.
  • Word of Mouth Marketing Association (2008a): An Introduction to Word of Mouth Marketing
  • Word of Mouth Marketing Association (2008b): Types of Word of Mouth Marketing

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