Was ist virale Werbung? (Teil 7)

Wie passt die Virale Werbung in das Feld der verschiedenen Ansätze wie Viral Marketing, Branded Entertainment, Guerilla Marketing oder Word-of-Mouth-Marketing?

Zuerst drängt sich hier jene Verwendungsweise des Begriffs „Viral Marketing“ auf, wie er von der WOMMA und anderen Autoren verwendet wird. Viral Marketing sind hier Kampagnen, in denen unterhaltsame oder informative Mitteilungen auf Basis von viraler Kommunikation verbreitet werden (vgl. WOMMA 2008b). Strenggenommen fehlen hier allerdings all jene Elemente eines Marketing-Mix, die den Begriff Marketing erst zulässig machen würden: nämlich Produkt, Preis und Distribution (vgl. Kotler 2006: 149f). Es lässt sich also mit Martin Oetting sagen:

Virales Marketing ist [.] eigentlich die komplette Ausrichtung aller Marketinganstrengungen auf Mundpropaganda. Virale Werbefilme sind weit weniger, Virale Werbung eben. (Martin Oetting 2006b)

Eine andere Art Virale Werbung abzugrenzen wählen Porter und Golan (2006), die aus der inhaltsanalytischen Untersuchung von viralen Kampagnen schließen, dass sich Virale Werbung signifikant von klassischer TV-Werbung unterscheidet. In ihrer Definition wird in Gegenüberstellung zu dieser vor allem herausgehoben, dass Virale Werbung unbezahlt, persönlich und über das Internet vermittelt wird und darüber hinaus außergewöhnlichen, oft provokanten Inhalt enthält.

Viral advertising is unpaid peer-to-peer communication of provocative content originating from an identified sponsor using the Internet to persuade or influence an audience to pass along the content to others. (ebd. 33)

An diesen Eigenschaften – unbezahlt und unkonventionell oder unterhaltsam – wird wiederum die Nähe zu Ansätzen wie Guerilla Marketing und Branded Entertainment sichtbar. Man kann allerdings anmerken, dass diese Definition ohne weiteres auch für Branded Entertainment gelten könnte. So taucht jene BWM-Kampagne, die von den Autoren zitiert wird (vgl. ebd.:32), in vielen Fallstudien für Branded Content auf (Halliday/Graser 2005, Raney et. al. 2003: 42).

Also in 2002, BMW spent more than $10 million on their popular BMW Films series, where they commissioned Hollywood directors to direct edgy short films featuring established stars careening around the screen in (and often destroying) BMWs. BMW distributed the films entirely on the World Wide Web and promoted each film strictly through viral marketing, attracting nearly 55 million viewers. (Porter/Golan 2006)

Die Definition hilft auch in jenen Fällen nicht weiter, in denen sich klassische TV-Spots im Internet verbreiten, wie man beispielsweise beim Honda-Spot „The Cog“ , oder in kleinerem Rahmen bei einem Manner-Spot beobachten konnte. Wird hier klassische TV-Werbung plötzlich zu viraler Werbung? Oder klassische TV-Werbung zu Branded Entertainment?

Madison Avenue has always tried to create infectious ads. Think of those beer commercials with catch phrases that some of your more tiresome co-workers repeat around the water cooler. (Leonard 2006)

An der Tatsache, dass auch „normale“ TV-Spots, über die früher einfach gesprochen wurde, ihren Weg in das Web und die exponentielle Verbreitung finden können, zeigt sich eine andere Schwäche der Definition von Porter und Golan. Welche Werbung viral „wird“, entscheidet sich konstruktivistisch gesehen erst nach der Rezeption bei der Nutzung der RezipientInnen. Was sich ex-post in der Definition von Porter und Golan beobachten lässt, ist ex-ante schwer zu planen.

In Anbetracht der Abgrenzungsschwierigkeiten von Branded Entertainment und „infektiöser“ klassischer Werbung soll viraler Werbung für die vorliegende Arbeit breiter, und zwar wie folgt verstanden werden:

Als Virale Werbung können all jene Formen der werblichen Kommunikation bezeichnet werden, die von RezipientInnen im Anschluss an die Rezeption über das Internet an Personen in ihrem sozialen Umfeld weitergeleitet werden.

Im nächsten Teil werden die Gemeinsamkeiten und die Herkunft der verschiedenen Ansätze diskutiert.

Es gibt übrigens einen interessanten Artikel von Faris Yakob übrigens den Unterschied zwischen „Viralität“ als Eigenschaft und „Viralität“ als Mediennutzungsform.

Literatur:

  • Halliday, Jean/Graser, Marc: BMW abandons Madison & Vine. In: Advertising Age, 00018899, 10/3/2005, Vol. 76, Issue 40.
  • Kotler, Philip/Bliemel, Friedhelm (2006): Marketing-Management. Analyse, Planung und Verwirklichung. 10., überarbeitete und aktualisierte Auflage. München [u.a.]: Pearson Studium.
  • Oetting, Martin (2006b): Viral Advertising: Grundlagen.
  • Porter, Lance/Golan Guy J. (2006): From Subservient Chickens to Brawny Men: A Comparison of Viral Advertising to Television Advertising. In: Journal of Interactive Advertising, 6. Jg., Heft 2/2006, 30-38.
  • Raney, Arthur A. et al (2003): At the movies, on the Web: An investigation of the effects of entertaining and interactive web content on site and brand evaluation. In: Journal of Interactive Marketing; 17. Jg., Heft 4/2003, 38-53.
  • Roddy, Kevin (2006) in Leonard, Devin (2006): Viral Ads: It’s an Epidemic. In: Fortune. New York: 2. Oktober 2006, 154. Jg., Heft 7/2006, 61.
  • Word of Mouth Marketing Association (2008a): An Introduction to Word of Mouth Marketing
  • Word of Mouth Marketing Association (2008b): Types of Word of Mouth Marketing

Virale Werbung ist nicht gleich Branded Entertainment (oder etwa doch?). – Virale Werbung, Teil 6.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Wenn von Buzz-, Guerilla-, oder Viral-Marketing gesprochen wird, wird häufig die Unterhaltung der umworbenen RezipientInnen als wesentliche Komponente der angewandten Taktiken angeführt (vgl. WOMMA 2008b).

Die Verbindung von Marken mit Unterhaltungsprogramm ist nicht neu. Die Platzierung von Logos und Produkten in TV-Produktionen und Filmen ist als Product Placement bekannt und auch das Sponsoring von Sendungen ist kein Phänomen des 21. Jahrhunderts (Raney et. al. 2003: 39, Hudsen/Hudsen 2006: 490). Allerdings wird der Trend durch das Aufkommen von digitalen Videorecordern und der damit einhergehenden Mög-lichkeit, Werbespots zwischen Sendungen einfach auszulassen weiter vorangetrieben (vgl. ebd.: 40; vgl. Hollis 2007) und auch kritisiert (vgl. Fischermann/Hamann 2005).

Unter der vorausgesetzten Annahme, dass Werbung bei RezipientInnen unerwünscht sei, werden von Kommunikatoren zwei unterschiedliche Strategien verfolgt. Zum einen die Tarnung der persuasiven Absicht durch das bereits erwähnte klassische Product Placement und zum Anderen die Realisierung von eigenständigen Inhalten, die eng an die Marke geknüpft sind. Durch das vermutete Mediennutzungsmotiv „Unterhaltung“ soll hier also die „Werbereaktanz“ umgangen werden (vgl. Raney et. al. 2003: 40).
Kritisiert wird daran unter anderem, dass Branded Entertainment nur ein neuer Begriff für die zeitgenössische Form des Product Placement sei. So definieren Hudsen und Hudsen Branded Entertainment als

[t]he integration of advertising into entertainment content, whereby brands are embedded into storylines of a film, television program, or other entertainment medium. This involves co-creation and collaboration between entertainment, media and brands. (Hudsen/Hudsen 2006: 492)

Je nach Stärke der Integration der Marke in den Inhalt unterscheiden sie auf einem Kontinuum zwischen reinem Product Placement und Branded Entertainment. Dass die Grenze zwischen Produktplatzierung, Branded Entertainment und Schleichwerbung fließend ist und Marken sehr wohl verdeckt ganze Drehbücher bestimmen können, zeigen wiederholte Urteile gegen TV-Sender, die es mit der Trennung zwischen Inhalt und Werbung nicht so genau genommen haben (Hamann 2005).

Während also Guerilla-Marketing, Word-of-Mouth-Marketing und Viral-Marketing eher als umfassende Konzepte mit paradigmatischem Charakter verstanden werden können, kann Branded Entertainment als eine Taktik gesehen werden, die je nach Perspektive „Überraschung“ (Guerilla-Marketing), „Gesprächsstoff“ (Word-of-Mouth-Marketing) oder „Virus“ (Viral-Marketing) sein kann.

Literatur:

  • Fischermann, Thomas/Hamann, Götz (2005): Die ewige Werbepause. In: DIE ZEIT, Ausgabe 30, 21.07.2005. (zuletzt aufgerufen am 30.01.2009)
  • Hamann, Götz (2005): Der Skandal im Skandal. DIE ZEIT, Ausgabe 30, 21.07.2005. (zuletzt aufgerufen am 30.01.2009)
  • Hollis, Nigel (2007): Branded Content: More Than Just Showing Up.  (zuletzt aufgerufen am 30.01.2009)
  • Hudson, Simon/Hudson, David (2006): Branded Entertainment: A New Advertising Technique or Product Placement in Disguise? In: Journal of Marketing Management, 22. Jg., Heft 5/2006, 489-504.
  • Raney, Arthur A. et al (2003): At the movies, on the Web: An investigation of the effects of entertaining and interactive web content on site and brand evaluation. In: Journal of Interactive Marketing; 17. Jg., Heft 4/2003, 38-53.
  • Word of Mouth Marketing Association (2008b): Types of Word of Mouth Marketing. (zuletzt aufgerufen am 30.01.2009)

(Virale Werbung ist nicht) Viral Marketing. – Virale Werbung, Teil 5.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Erste Erwähnung findet der Begriff „Viral Marketing“ nach Oetting (2006a) bei Rayport (1996), der damit die exponentielle Weiterverbreitung von Produkten und Informationen über interpersonelle Kommunikation – vor allem über das Internet – bezeichnete. Weltweit bekannt wurde das Konzept schließlich durch die Fallstudie über Hotmail von Juretson und Draper (1997). Hotmail, ein inzwischen von Microsoft aufgekaufter Anbieter freier E-Mail-Zugänge, erreichte innerhalb von 3 Jahren 40 Millionen registrierte BenutzerInnen für seinen E-Mail-Dienst (vgl. Helm 2000: 160). Die Strategie dahinter war eine vermeintlich einfache: An das Ende jeder über Hotmail verschickten Nachricht wurde die Zeile „Get your free email at Hotmail“ angehängt. Alle EmpfängerInnen eines Mails von Hotmail-MitgliederInnen erhielten diese Nachricht. Hotmail-KundInnen wurden also ohne ihr weiteres zutun zu VerkaufsagentInnen in ihren jeweiligen persönlichen Kommunikationsnetzwerken.

In weiterer Folge wurde Viral Marketing zum Synonym für all jene Strategien, die die interpersonelle Online-Kommunikation zur Verbreitung von Produkten und Botschaften verwendeten (vgl. Helm 2000: 159, Rosen 2005: 266).

Viral Marketing can be understood as a communication and distribution concept that relies on customers to transmit digital products via electronic mail to other potential customers in their social sphere and to animate these contacts to also transmit the products. (Rosen 2005: 159)

Neben dieser ursprünglichen, auf Online-Marketing bezogenen Verwendungsweise des Begriffes, gibt es allerdings zwei weitere Verwendungstraditionen, die kurz zu klären sind.

Vor allem im deutschen Sprachgebrauch (vgl. Oetting 2006a, Oetting 2007, Langer 2006: 218), aber auch bei englischsprachigen Autoren (vgl. Ferguson 2008: 180) wird virales Marketing als Überkategorie all jener Taktiken zur geplanten Erzeugung von Mundpropaganda angeführt, die auf virale Verbreitung setzen. Dazu gehört die Integration der viralen Verbreitung in das gesamte Produkt (wie bei Hotmail, Skype oder ICQ) ebenso wie rein kommunikative Maßnahmen zur Stimulation von on- und offline Mundpropaganda. Durch die zunehmende Bedeutung des Webs verschwimmen somit die Grenzen zwischen „offline“ Mundpropaganda-Marketing und viralem Marketing.

Eine weitere Bedeutung erhält Viral Marketing bei der WOMMA (vgl. 2008b) und anderen Autoren (vgl. Sernovitz 2007, vgl. Wilson 2002), die damit Kampagnen bezeichnen, bei denen unterhaltsame oder informative Botschaften dahingehend entwickelt werden, dass sie sich in exponentieller Form verbreiten. Die virale Verbreitung ist hier somit nicht auf das Produkt, sondern ausschließlich auf die Information bezogen.

Man kann also im wesentlichen drei völlig unterschiedliche Verwendungsformen für den Begriff „Viral Marketing“ unterscheiden:

  1. Viral Marketing als die Integration der viralen Verbreitung in das Produkt (z.B. ICQ, Skype).
  2. Viral Marketing als in Deutschland geläufiger Überbegriff für alles das irgendwie mit interpersoneller Verbreitung zu tun hat.
  3. Viral Marketing im Sinne der viralen Verbreitung von Botschafen – etwas, dass alleine noch kein Marketing ist.

Bei allen Unterschieden haben alle drei Verwendungsformen jedoch einen gemeinsamen Kern: die „Ansteckung“ der RezipientInnen durch eine Information, die dann an weitere Menschen im persönlichen Kommunikationsnetzwerk – oft elektronisch – weitergeleitet wird. Da sich die Produkte und Botschaften in dem aus Kommunikatorsicht erfolgreichen fall exponentiell verbreitet, hat sich die Virus-Metapher etabliert (vgl. Welker 2002: 3ff). Welker spricht in diesem Zusammenhang vom Paradigma der viralen Kommunikation, das im Gegensatz zur klassischen Offline-Mundpropaganda eine weitaus höhere Relevanz und Stärke besäße.

Viral Communication defines strategies that allow an easier, accelerated, and cost reduced transmission of messages by creating environments for an self-replicating, exponentially increasing diffusion, spiritualisation, and impact of the message. (vgl. ebd: 4)

Nächstes Thema: Branded Entertainment.

Literatur:

  • Ferguson, Rick (2008): Word of mouth and viral marketing: taking the temperature of the hottest trends in marketing. In: Journal of Consumer Marketing, 25. Jg., Heft 3/2008, 179-182.
  • Helm, Sabrina (2000): Viral Marketing – Establishing Customer Relationships by ‘Word-of-Mouse‘. In: Electronic Markets, 10. Jg., Heft 3/200, 158-161.
  • Langer, Sascha (2006): Viral Marketing – Mundpropaganda in der integrierten Kommunikation. In: Schwarz, Torsten/Braun, Gabriele: Leitfaden Integrierte Kommunikation. Wie Web 2.0 das Marketing revolutioniert.
    Torsten Schwarz (Eigenverlag): Waghäusel, 215-253.
  • Jurvetson, Steve/Draper, Tim (1997): Viral Marketing. http://www.dfj.com/cgi-bin/artman/publish/printer_steve_tim_may97.shtml (nicht mehr erreichbar)
  • Oetting, Martin (2006a): Was ist viral Marketing?
    (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Oetting, Martin (2007): Word of Mouth – The Power of Consumers?
    (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Rayport, Jeffrey (1996): The Virus Of Marketing. Fast Company. (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Rosen, Emanuel (2005): The Anatomy of Buzz: How to Create Word of Mouth Marketing. Currency.
  • Sernovitz, Andy (2007): Is viral marketing the same as word of mouth? (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Welker, Carl B. (2002): The paradigm of Viral Communication. In: Information Services & Use, 22. Jg., Heft 1/2002, 3-8.
  • Wilson, Ralph F. (2000): The Six Simple Principles of Viral Marketing.
  • Word of Mouth Marketing Association (2008a): An Introduction to Word of Mouth Marketing. (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Word of Mouth Marketing Association (2008b): Types of Word of Mouth Marketing. (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)

(Virale Werbung ist nicht) Word-of-Mouth-Marketing / Mundpropaganda-Marketing. – Virale Werbung, Teil 4.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Word-of-Mouth oder Mundpropaganda ist kein neues Konzept, sondern wird im Marketing bereits seit Jahrzehnten als wesentlicher Einflussfaktor auf das Kaufverhalten angesehen (Brooks 1957, Dichter 1966, Arndt 1967). So wird auch Bill Bernbach, Gründer der internationalen Werbeagentur DDB und einer der einflussreichsten Werber des 20. Jahrhunderts (vgl. Adage 2005) mit den Worten „Word of mouth is the best medium of all“ zitiert (Bernbach, Jahr unbekannt zit. n. DDB).

Die Beantwortung der Frage aber, was Word-of-Mouth (WOM) genau ist, gestaltet sich etwas schwieriger (vgl. Carl 2006). Arndt (1967) diskutierte Word-of-Mouth als

„face-to-face communication about a brand, product or service between people who are perceived as not having connections to a commercial entity“ (Arndt 1967, zit. n. Carl 2006).

Die 2005 gegründete US-amerikanische „Word of Mouth Marketing Association“ (WOMMA) bezeichnet WOM vierzig Jahre später ganz allgemein als „[t]he act of consumers providing information to other consumers“ (WOMMA 2008a).

Word-of-Mouth ist in beiden Definitionen die natürliche – im Sinne von unkommerzielle -, interpersonelle Kommunikation über Marken, Produkte oder Dienstleistungen, die sowohl positiv als auch negativ ausfallen kann (vgl. ebd.). Word-of-Mouth-Marketing ist diesem Verständnis zufolge dann Marketing, das diese natürliche, interpersonelle Kommunikation auf unterschiedlichste Art und Weise fördert. Die WOMMA bezeichnet es als:

Giving people a reason to talk about your products and services, and making it easier for that conversation to take place. It is the art and science of building active, mutually beneficial consumer-to-consumer and consumer-to-marketer communications. (ebd.)

In der Definition der WOMMA wird also Word-of-Mouth-Marketing zu einem Überbegriff, unter den Taktiken wie Viral Marketing oder Buzz Marketing zusammengefasst werden können (vgl. ebd., vgl. Sernovitz 2007). Dabei geht es dem Word-of-Mouth-Marketing nicht darum Gespräche zwischen KonsumentInnen zu erzeugen – diese existieren ohnehin -, sondern sie zu fördern und in der gesamten Marketing-Strategie zu verankern (vgl. WOMMA 2008a; Sernovitz 2007, Oetting 2005). Dieser Focus auf das gesamte Marketing ist deshalb von Bedeutung, weil in der Kommunikationspraxis oft auch dann von Marketing gesprochen wird, wenn nur Marketing-Kommunikation und nicht der gesamte Marketing-Mix mit Preis, Produkt und Distribution gemeint ist (vgl. Kotler 2006: 149f).

Die Schwierigkeit die Begriffe Word-of-Mouth und Word-of-Mouth-Marketing zu fassen und abzugrenzen rührt auch daher, dass oft nicht zwischen der interpersonellen Kommunikation selbst, der Strategie diese Kommunikation zu erleichtern und für das Marketing zu nützen und der Strategie interpersonelle Kommunikation zu generieren, unterschieden wird (vgl. Oetting 2005). So führt zum Beispiel Plummer (2007) WOM (ohne Marketing) als „neue Werbedisziplin“ mit dem Ziel Gespräche über Marken zu generieren ein und bezeichnet damit eigentlich die Disziplin wie das gewünschte Resultat.

Mit dem Aufkommen des Internets ist für die als WOM-Marketing beschriebene Strategie auch der Begriff des Viral Marketing aufgekommen. Im nächsten Eintrag soll also auch dieses Konzept kurz beleuchtet werden.

Literatur:

  • Advertising Age (2005): William Bernbach.
  • Arndt, Johan (1967): Role of Product-Related Conversations in the Diffusion of a New Product. In: Journal of Marketing Research, 4. Jg., Heft 3/1967, 291-295
  • Brooks, Robert C. Jr (1957): „Word-of-Mouth“ Advertising in Selling New Products. In: The Journal of Marketing, 22. Jg., Heft 2/1957, 154-161.
  • Bernbach, William (Jahr unbekannt): Bill Bernbach said …
  • Carl, Walter J. (2006): What’s all the Buzz About? Everyday Communication and the Relational Basis of Word-of-Mouth and Buzz Marketing Practices. In: Management Communication Quarterly: McQ, 19 Jg., 4. Heft, 603-634.
  • Dichter, Ernest (1966): How word-of-mouth advertising works. In: Harvard Business Review, 44. Jg., Heft 6/1966, 147-160.
  • Kotler, Philip/Bliemel, Friedhelm (2006): Marketing-Management. Analyse, Planung und Verwirklichung. 10., überarbeitete und aktualisierte Auflage. München [u.a.]: Pearson Studium.
  • Oetting, Martin (2005): Was ist Word of Mouth Marketing („Mundpropaganda Marketing“)?
  • Plummer, Joseph T. (2007): Editorial: Word of Mouth– A New Advertising Discipline? In: Journal of Advertising Research, 47. Jg., Heft 4/2007, 385-386.
  • Sernovitz, Andy (2007): Is viral marketing the same as word of mouth?
  • Word of Mouth Marketing Association (2008a): An Introduction to Word of Mouth Marketing.

(Virale Werbung ist nicht) Guerilla Marketing. – Virale Werbung, Teil 3.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Guerilla Marketing wurde als Schlagwort in der Mitte der achtziger Jahre von Jay Conrad Levinson geprägt (vgl. Drees/Jäckel 2008: 31). Guerilla Marketing nach Levinson (vgl. ebd.) bezeichnet das Erreichen konventioneller Ziele wie Profite, mit unkonventionellen Methoden des Marketings.

Guerilla-Marketing ist die Kunst, den von Werbung übersättigten Konsumenten, größtmögliche Aufmerksamkeit durch unkonventionelles bzw. originelles Marketing zu entlocken. Dazu ist es notwenig, dass sich der Guerilla-Marketer möglichst (aber nicht zwingend) außerhalb der klassischen Werbekanäle und Marketing-Traditionen bewegt. (Breitenbach/Schulte 2005a)

Vertreter des Guerilla-Marketings wollen also den vermeintlich aufmerksamkeitsresistenten RezipientInnen mit unkonventionellen Mitteln erreichen und müssen diesen – den eigenen Grundannahmen folgend – permanent überraschen. Das Guerilla-Marketing ist aus dieser Perspektive also selbst keine vom Marketing ergriffene Maßnahme, sondern bildet das Dach für verschiedene Maßnahmen wie Ambient Media, Ambush-Marketing oder Viral Marketing (vgl. Breitenbach/Schulte 2005b).

Wichtig sind hier 3 Beobachtungen:

  • Guerilla Marketing ist keine Methode, sondern eher eine Philosophie.
  • Guerilla Marketing geht grundsätzlich von einem von Werbung übersättigten Konsumenten aus.
  • Guerilla Marketing braucht die permanente Überraschung, das ständig Neue.

Als nächstes folgt:

(Virale Werbung ist nicht) Word-of-Mouth Marketing, dann (Virale Werbung ist nicht) Viral Marketing, dann (Virale Werbung ist nicht) Branded Entertainment (oder etwa doch?) um dann festzustellen was Virale Werbung denn eigentlich „ist“.

Literatur:

Die Virale Werbung und ihre Nachbarn – Einordnung. – Virale Werbung, Teil 2.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Im Marketing- und Werbediskurs wird eine Vielzahl an Begriffen verwendet, um neue und vermeintlich neue Konzepte zu benennen. Word-of-Mouth-Marketing (Mundpropaganda-Marketing), Viral Marketing, Buzz Marketing, Guerilla Marketing, Branded Entertainment und Viral Advertising (Virale Werbung) sind nur ein Ausschnitt des sich ständig entwickelnden Vokabulars.

Bei der Bestimmung und Analyse dieser Praktiken und Strategien treten im Wesentlichen drei Probleme auf:

  1. Ein sprachliches Problem entsteht dadurch, dass die erwähnten Konzepte allesamt aus dem englischen Sprachraum stammen. Während im deutschen Sprachraum in manchen Fällen eine Übersetzung verwendet wird, wird anderorts der Originalbegriff verwendet.
  2. Dadurch entsteht in weiterer Folge das Problem, dass Begriffe oft synonym verwendet werden (vgl. Balter/Butman 2006).
  3. Darüber hinaus gibt es wenige akademische Publikationen, die sich mit einer Systematisierung der bezeichneten Phänomene beschäftigen, weshalb die Begriffe nach wie vor in der Kommunikationspraxis geformt werden (vgl. Oetting 2006a).

Um eine Antwort auf die Frage zu geben was Virale Werbung ist, sollen deshalb zuerst Konzepte vorgestellt werden, die mit viraler Werbung verwandt sind und oft im selben Kontext oder synonym gebraucht werden.

Weiter zu (Virale Werbung ist nicht) Guerilla Marketing.

Literatur:

  • Balter, Dave/Butman, John (2006): Clutter Cutter. In: Marketing Management, 15. Jg., Heft 4/2006, 49-50.
  • Oetting, Martin (2006a): Was ist viral Marketing?

Zwischen Wirkung, Erfolg, Rezeption und Nutzung von (viraler) Werbung. – Virale Werbung, Teil 1.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Wie ich im letzten Post zu meiner Bakkalaureatsarbeit (endgültiger Titel: „Virale Werbung. Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.“) schon kurz beschrieben habe, dreht sich die Arbeit um das Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis viraler Werbung. Die Frage, die dabei mitschwingt könnte man in etwa so formulieren: „Machen die Menschen mit (viraler) Werbung eigentlich das, was ihre Kommunikatoren damit bezwecken?“

Dass diese vermeintlich einfache Frage so einfach nicht ist, wird schnell klar, wenn man sie anhand der allseits bekannten Lasswell-Formel aufschlüsselt. Strukturiert man das Thema nämlich anhand der Frage „Who Says What In Which Channel To Whom With What Effect?“, sieht man, dass die Frage „Machen die Menschen (Rezeptionsforschung) mit viraler Werbung (Medieninhaltsforschung) eigentlich das, was die Kommunikatoren (Kommunikatorforschung) dabei bezwecken (Medienwirkungsforschung)?“ ein breites Spektrum des Forschungsprogrammes der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft beinhaltet.

Es lohnt sich also kurz auf die Begriffe Wirkung, Erfolg, Rezeption und Nutzung einzugehen. Dabei werden im Wesentlichen die Definitionen von Zurstiege für eine kommunikationswissenschaftliche Werbeforschung herangezogen (2004: 173ff). – absolut lesenwertes Buch übrigens, nur so nebenbei.

Unter Medienwirkungen – und Werbewirkungen sind nichts anderes kann man kontingente Wissens-, Einstellungen- und Verhaltensänderungen verstehen, die auf eine Rezeption von Medienangeboten zurückgeführt werden können. Allerdings – und deswegen kontingent – können diese Veränderungen eben nicht linear kausal erzwungen werden. Medienwirkungen hängen von einer Vielzahl von Operationen von RezipientInnen ab, die sich jeweils in einem bestimmten situationellem und biographischen Kontext befinden und Medien rezipieren wie sie es im Rahmen der Sozialisation gelernt haben. Menschen lernen mit Medien umzugehen und Nachrichten im Schema Nachrichten und Werbung im Schema Werbung zu rezipieren. Dennoch können die Nutzungen der Medien durch einzelne RezipientInnen durchaus unterschiedlich aussehen – sei es zur Entspannung oder zur Anregung, zur Information oder aus sonst irgendeinem nicht unbedingt bewussten Grund. Auf die Werbung bezogen kann man sagen, dass der intendierte Werbeerfolg dann eintritt, wenn Menschen die Medienangebote im Sinne der Werbung nutzen. Da Menschen Medienangebote aber durchaus unterschiedlich nutzen, wird klar, dass die RezipientInnen Werbung keinesfalls so aufzunehmen haben, wie das auf Produzentenseite geplant wurde (vgl. Zurstiege 2007: 174) – wie das auch Vertreter der Cultural Studies, Konstruktivisten und viele andere aufgezeigt haben.

Diese potentielle Diskrepanz zwischen den an bestimmte Nutzungen gekoppelte Erfolgs- und Wirkungserwartungen der Kommunikatoren und der Bandbreite der möglichen Nutzungen der RezipientInnen spannt jedenfalls den weiten Rahmen des Erkenntnisinteresses der Arbeit.

In einer Bakkalaureatsarbeit konnten natürlich nicht alle Fragen behandelt werden, deshalb habe ich das Thema auf fünf Fragen aufgeteilt, von denen drei im Rahmen der Arbeit beantwortet wurden.

1. Was „ist“ Virale Werbung? Was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen Formen der werblichen Kommunikation?

2. Welche Nutzungen und Wirkungen erwartet die Kommunikationspraxis von viraler Werbung?

3. Welche Nutzungen und Wirkungen legen spezifische Ansätze der kommunikationswissenschaftlichen Theorie nahe?

4. Was machen die RezipientInnen mit viraler Werbung?

5. Was bewirkt die Rezeption und Nutzung viraler Werbung?

In einem ersten Schritt wird das Konzept der viralen Werbung untersucht und verwandten Konzepten wie Word-of-Mouth-Marketing oder Viral Marketing gegenübergestellt. Anschließend werden kommunikationswissenschaftliche Theorien und Ansätze herangezogen, die zu einem besseren Verständnis des Phänomens beitragen könnten. Dann wird durch die Inhaltsanalyse von drei Experteninterviews freigelegt, welche Kategorien aus Sicht „der Kommunikatoren“ relevant sind und welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu den angeführten kommunikationswissenschaftlichen Theorien bestehen.

Was bringt das Ganze? Einerseits kann man durch das Heranziehen „traditioneller“ kommunikationswissenschaftlicher Theorien und Ansätze aufzeigen, was das Fach grundsätzlich zur Erklärung des Phänomens beitragen kann – vor allem auch zur empirischen Forschung. Andererseits sollen durch die Einblicke in die Kommunikatorseite Perspektiven aufgemacht werden, die für die weitere Forschung von Relevanz sein könnten.

Weiter zur Einordnung der Viralen Werbung.

Literatur:

„Virale Werbung. Wirkungshoffnungen. Nutzungschancen.“ – Problemformulierung Bakkalaureatsarbeit.

so lautet titel meiner zweiten bakkalaureatsarbeit am institut für publizistik- und kommunikationswissenschaft hier in wien, die ich in den nächsten wochen fertigstellen werde.

was soll das also sein – wirkungshoffnungen und nutzungschancen?

hier meine erste themenbeschreibung zu beginn des seminars:

Mit der Verschiebung des „Medienbudgets“ in Richtung Internet und Neue Medien gewinnen YouTube, Flickr und andere sogenannte „Web 2.0-Angebote“ zunehmend an Bedeutung. In der deutschsprachigen und vor allem in der US-amerikanischen Werbebranche wird darüber diskutiert ob das Paradigma der „Unterbrecherwerbung“ vor dem Hintergrund von „social media“ und der zunehmenden Schwierigkeit, die potentiellen RezipientInnen zu erreichen, aufrecht erhalten werden kann. So richtete sich die diesjährige fachmediale Berichterstattung über den Super Bowl – das jährliche Schaulaufen der Werbebranche – dann auch auf die SeherInnen-Zahlen der Werbespots auf YouTube. Die bevorstehende Bakkalaureatsarbeit soll Auskunft darüber geben, welche Rolle der Konsum von Werbespots auf YouTube für ihre RezipientInnen im Alltag spielt und welche Nutzungs- und Interpretationsmuster sich erkennen lassen.

wenn von werbung- und werbeforschung die rede ist, geht es fast immer um wirkungsforschung, und dies meistens unter dem aspekt der optimierung. virale werbung allerdings steht in einem interessanten spannungsfeld aus verwandten oder übergeordneten ansätzen wie word-of-mouth-marketing, guerilla marketing, branded entertainment, viral marketing, veränderten nutzungsbedingungen, einer schon beinahe ritualisierten krise der werbung und der durch web- und design-agenturen eingebrachten user experience.

wenn man hier von wirkungen sprechen will, steht man zuerst vor vor einem weiten feld an möglichen nutzungen. und wenn man vergleiche zwischen wirkungshoffnungen und nutzungschancen anstellen will, sollte man zuerst einmal bei den hoffnungen der praxis anfangen und diese der theorie entgegenstellen. was dabei herausgekommen ist, werde ich in den nächsten tagen und wochen hier beschreiben.

Weiter zu „Zwischen Wirkung, Erfolg, Rezeption, Nutzung von Werbung.“

Originalität oder Impact?

Auf off-the-record.de wurde vor einigen Tagen der neueste „virale Hit“ von Levi’s diskutiert. Über 3 Millionen Hits hat der Spot, in dem junge Menschen akrobatisch in Jeans springen, inzwischen erreicht. Olaf Kolbrück vermutet, dass Levi’s – alleine schon durch die Aufmerksamkeit – davon profitieren dürfte. Den Absender muss man allerdings relativ genau suchen und wieviele Menschen nach einmaligem Ansehen des geseedeten Materials wirklich erfahren, dass es Levi’s war, wird wohl niemand herausfinden können.

Lunar. BBDO und Neil Christie von W+K London kratzen sich unter anderem deswegen virtuell auf der Stirn . Der zweite Spot nämlich – für Ray Ban – ist vergangenes Jahr entstanden und entspricht in seiner Geschichte, Tonality und so weiter genau dem von Levi’s. Typisch Werbung möchte man schon denken und hätte damit vermutlich nicht unrecht. Allerdings: beide Spots sind von den TBWA-Abkömmlingen Cutwater aus San Francisco und bewerben Marken in einer sehr ähnlichen Käuferschicht mit ein und der selben „Aussage“.

Abgesehen davon, dass hier offensichtlich ein und die selbe Idee zwei mal einen Abnehmer gefunden hat, kann man sich wie W+K die Frage stellen:

Does it matter? Should we give up on this ‚unique brand voice‘ thing, and just do cool shit that we sell to lots of clients?

Sinnhafte Aussage oder Verbreitung? Originalität oder Impact? Unique Brand Narrative oder 3 Millionen Views um jeden Preis?