(Virale Werbung ist nicht) Viral Marketing. – Virale Werbung, Teil 5.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Erste Erwähnung findet der Begriff „Viral Marketing“ nach Oetting (2006a) bei Rayport (1996), der damit die exponentielle Weiterverbreitung von Produkten und Informationen über interpersonelle Kommunikation – vor allem über das Internet – bezeichnete. Weltweit bekannt wurde das Konzept schließlich durch die Fallstudie über Hotmail von Juretson und Draper (1997). Hotmail, ein inzwischen von Microsoft aufgekaufter Anbieter freier E-Mail-Zugänge, erreichte innerhalb von 3 Jahren 40 Millionen registrierte BenutzerInnen für seinen E-Mail-Dienst (vgl. Helm 2000: 160). Die Strategie dahinter war eine vermeintlich einfache: An das Ende jeder über Hotmail verschickten Nachricht wurde die Zeile „Get your free email at Hotmail“ angehängt. Alle EmpfängerInnen eines Mails von Hotmail-MitgliederInnen erhielten diese Nachricht. Hotmail-KundInnen wurden also ohne ihr weiteres zutun zu VerkaufsagentInnen in ihren jeweiligen persönlichen Kommunikationsnetzwerken.

In weiterer Folge wurde Viral Marketing zum Synonym für all jene Strategien, die die interpersonelle Online-Kommunikation zur Verbreitung von Produkten und Botschaften verwendeten (vgl. Helm 2000: 159, Rosen 2005: 266).

Viral Marketing can be understood as a communication and distribution concept that relies on customers to transmit digital products via electronic mail to other potential customers in their social sphere and to animate these contacts to also transmit the products. (Rosen 2005: 159)

Neben dieser ursprünglichen, auf Online-Marketing bezogenen Verwendungsweise des Begriffes, gibt es allerdings zwei weitere Verwendungstraditionen, die kurz zu klären sind.

Vor allem im deutschen Sprachgebrauch (vgl. Oetting 2006a, Oetting 2007, Langer 2006: 218), aber auch bei englischsprachigen Autoren (vgl. Ferguson 2008: 180) wird virales Marketing als Überkategorie all jener Taktiken zur geplanten Erzeugung von Mundpropaganda angeführt, die auf virale Verbreitung setzen. Dazu gehört die Integration der viralen Verbreitung in das gesamte Produkt (wie bei Hotmail, Skype oder ICQ) ebenso wie rein kommunikative Maßnahmen zur Stimulation von on- und offline Mundpropaganda. Durch die zunehmende Bedeutung des Webs verschwimmen somit die Grenzen zwischen „offline“ Mundpropaganda-Marketing und viralem Marketing.

Eine weitere Bedeutung erhält Viral Marketing bei der WOMMA (vgl. 2008b) und anderen Autoren (vgl. Sernovitz 2007, vgl. Wilson 2002), die damit Kampagnen bezeichnen, bei denen unterhaltsame oder informative Botschaften dahingehend entwickelt werden, dass sie sich in exponentieller Form verbreiten. Die virale Verbreitung ist hier somit nicht auf das Produkt, sondern ausschließlich auf die Information bezogen.

Man kann also im wesentlichen drei völlig unterschiedliche Verwendungsformen für den Begriff „Viral Marketing“ unterscheiden:

  1. Viral Marketing als die Integration der viralen Verbreitung in das Produkt (z.B. ICQ, Skype).
  2. Viral Marketing als in Deutschland geläufiger Überbegriff für alles das irgendwie mit interpersoneller Verbreitung zu tun hat.
  3. Viral Marketing im Sinne der viralen Verbreitung von Botschafen – etwas, dass alleine noch kein Marketing ist.

Bei allen Unterschieden haben alle drei Verwendungsformen jedoch einen gemeinsamen Kern: die „Ansteckung“ der RezipientInnen durch eine Information, die dann an weitere Menschen im persönlichen Kommunikationsnetzwerk – oft elektronisch – weitergeleitet wird. Da sich die Produkte und Botschaften in dem aus Kommunikatorsicht erfolgreichen fall exponentiell verbreitet, hat sich die Virus-Metapher etabliert (vgl. Welker 2002: 3ff). Welker spricht in diesem Zusammenhang vom Paradigma der viralen Kommunikation, das im Gegensatz zur klassischen Offline-Mundpropaganda eine weitaus höhere Relevanz und Stärke besäße.

Viral Communication defines strategies that allow an easier, accelerated, and cost reduced transmission of messages by creating environments for an self-replicating, exponentially increasing diffusion, spiritualisation, and impact of the message. (vgl. ebd: 4)

Nächstes Thema: Branded Entertainment.

Literatur:

  • Ferguson, Rick (2008): Word of mouth and viral marketing: taking the temperature of the hottest trends in marketing. In: Journal of Consumer Marketing, 25. Jg., Heft 3/2008, 179-182.
  • Helm, Sabrina (2000): Viral Marketing – Establishing Customer Relationships by ‘Word-of-Mouse‘. In: Electronic Markets, 10. Jg., Heft 3/200, 158-161.
  • Langer, Sascha (2006): Viral Marketing – Mundpropaganda in der integrierten Kommunikation. In: Schwarz, Torsten/Braun, Gabriele: Leitfaden Integrierte Kommunikation. Wie Web 2.0 das Marketing revolutioniert.
    Torsten Schwarz (Eigenverlag): Waghäusel, 215-253.
  • Jurvetson, Steve/Draper, Tim (1997): Viral Marketing. http://www.dfj.com/cgi-bin/artman/publish/printer_steve_tim_may97.shtml (nicht mehr erreichbar)
  • Oetting, Martin (2006a): Was ist viral Marketing?
    (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Oetting, Martin (2007): Word of Mouth – The Power of Consumers?
    (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Rayport, Jeffrey (1996): The Virus Of Marketing. Fast Company. (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Rosen, Emanuel (2005): The Anatomy of Buzz: How to Create Word of Mouth Marketing. Currency.
  • Sernovitz, Andy (2007): Is viral marketing the same as word of mouth? (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Welker, Carl B. (2002): The paradigm of Viral Communication. In: Information Services & Use, 22. Jg., Heft 1/2002, 3-8.
  • Wilson, Ralph F. (2000): The Six Simple Principles of Viral Marketing.
  • Word of Mouth Marketing Association (2008a): An Introduction to Word of Mouth Marketing. (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)
  • Word of Mouth Marketing Association (2008b): Types of Word of Mouth Marketing. (zuletzt aufgerufen am 12.01.2009)

(Virale Werbung ist nicht) Word-of-Mouth-Marketing / Mundpropaganda-Marketing. – Virale Werbung, Teil 4.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Word-of-Mouth oder Mundpropaganda ist kein neues Konzept, sondern wird im Marketing bereits seit Jahrzehnten als wesentlicher Einflussfaktor auf das Kaufverhalten angesehen (Brooks 1957, Dichter 1966, Arndt 1967). So wird auch Bill Bernbach, Gründer der internationalen Werbeagentur DDB und einer der einflussreichsten Werber des 20. Jahrhunderts (vgl. Adage 2005) mit den Worten „Word of mouth is the best medium of all“ zitiert (Bernbach, Jahr unbekannt zit. n. DDB).

Die Beantwortung der Frage aber, was Word-of-Mouth (WOM) genau ist, gestaltet sich etwas schwieriger (vgl. Carl 2006). Arndt (1967) diskutierte Word-of-Mouth als

„face-to-face communication about a brand, product or service between people who are perceived as not having connections to a commercial entity“ (Arndt 1967, zit. n. Carl 2006).

Die 2005 gegründete US-amerikanische „Word of Mouth Marketing Association“ (WOMMA) bezeichnet WOM vierzig Jahre später ganz allgemein als „[t]he act of consumers providing information to other consumers“ (WOMMA 2008a).

Word-of-Mouth ist in beiden Definitionen die natürliche – im Sinne von unkommerzielle -, interpersonelle Kommunikation über Marken, Produkte oder Dienstleistungen, die sowohl positiv als auch negativ ausfallen kann (vgl. ebd.). Word-of-Mouth-Marketing ist diesem Verständnis zufolge dann Marketing, das diese natürliche, interpersonelle Kommunikation auf unterschiedlichste Art und Weise fördert. Die WOMMA bezeichnet es als:

Giving people a reason to talk about your products and services, and making it easier for that conversation to take place. It is the art and science of building active, mutually beneficial consumer-to-consumer and consumer-to-marketer communications. (ebd.)

In der Definition der WOMMA wird also Word-of-Mouth-Marketing zu einem Überbegriff, unter den Taktiken wie Viral Marketing oder Buzz Marketing zusammengefasst werden können (vgl. ebd., vgl. Sernovitz 2007). Dabei geht es dem Word-of-Mouth-Marketing nicht darum Gespräche zwischen KonsumentInnen zu erzeugen – diese existieren ohnehin -, sondern sie zu fördern und in der gesamten Marketing-Strategie zu verankern (vgl. WOMMA 2008a; Sernovitz 2007, Oetting 2005). Dieser Focus auf das gesamte Marketing ist deshalb von Bedeutung, weil in der Kommunikationspraxis oft auch dann von Marketing gesprochen wird, wenn nur Marketing-Kommunikation und nicht der gesamte Marketing-Mix mit Preis, Produkt und Distribution gemeint ist (vgl. Kotler 2006: 149f).

Die Schwierigkeit die Begriffe Word-of-Mouth und Word-of-Mouth-Marketing zu fassen und abzugrenzen rührt auch daher, dass oft nicht zwischen der interpersonellen Kommunikation selbst, der Strategie diese Kommunikation zu erleichtern und für das Marketing zu nützen und der Strategie interpersonelle Kommunikation zu generieren, unterschieden wird (vgl. Oetting 2005). So führt zum Beispiel Plummer (2007) WOM (ohne Marketing) als „neue Werbedisziplin“ mit dem Ziel Gespräche über Marken zu generieren ein und bezeichnet damit eigentlich die Disziplin wie das gewünschte Resultat.

Mit dem Aufkommen des Internets ist für die als WOM-Marketing beschriebene Strategie auch der Begriff des Viral Marketing aufgekommen. Im nächsten Eintrag soll also auch dieses Konzept kurz beleuchtet werden.

Literatur:

  • Advertising Age (2005): William Bernbach.
  • Arndt, Johan (1967): Role of Product-Related Conversations in the Diffusion of a New Product. In: Journal of Marketing Research, 4. Jg., Heft 3/1967, 291-295
  • Brooks, Robert C. Jr (1957): „Word-of-Mouth“ Advertising in Selling New Products. In: The Journal of Marketing, 22. Jg., Heft 2/1957, 154-161.
  • Bernbach, William (Jahr unbekannt): Bill Bernbach said …
  • Carl, Walter J. (2006): What’s all the Buzz About? Everyday Communication and the Relational Basis of Word-of-Mouth and Buzz Marketing Practices. In: Management Communication Quarterly: McQ, 19 Jg., 4. Heft, 603-634.
  • Dichter, Ernest (1966): How word-of-mouth advertising works. In: Harvard Business Review, 44. Jg., Heft 6/1966, 147-160.
  • Kotler, Philip/Bliemel, Friedhelm (2006): Marketing-Management. Analyse, Planung und Verwirklichung. 10., überarbeitete und aktualisierte Auflage. München [u.a.]: Pearson Studium.
  • Oetting, Martin (2005): Was ist Word of Mouth Marketing („Mundpropaganda Marketing“)?
  • Plummer, Joseph T. (2007): Editorial: Word of Mouth– A New Advertising Discipline? In: Journal of Advertising Research, 47. Jg., Heft 4/2007, 385-386.
  • Sernovitz, Andy (2007): Is viral marketing the same as word of mouth?
  • Word of Mouth Marketing Association (2008a): An Introduction to Word of Mouth Marketing.

(Virale Werbung ist nicht) Guerilla Marketing. – Virale Werbung, Teil 3.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Guerilla Marketing wurde als Schlagwort in der Mitte der achtziger Jahre von Jay Conrad Levinson geprägt (vgl. Drees/Jäckel 2008: 31). Guerilla Marketing nach Levinson (vgl. ebd.) bezeichnet das Erreichen konventioneller Ziele wie Profite, mit unkonventionellen Methoden des Marketings.

Guerilla-Marketing ist die Kunst, den von Werbung übersättigten Konsumenten, größtmögliche Aufmerksamkeit durch unkonventionelles bzw. originelles Marketing zu entlocken. Dazu ist es notwenig, dass sich der Guerilla-Marketer möglichst (aber nicht zwingend) außerhalb der klassischen Werbekanäle und Marketing-Traditionen bewegt. (Breitenbach/Schulte 2005a)

Vertreter des Guerilla-Marketings wollen also den vermeintlich aufmerksamkeitsresistenten RezipientInnen mit unkonventionellen Mitteln erreichen und müssen diesen – den eigenen Grundannahmen folgend – permanent überraschen. Das Guerilla-Marketing ist aus dieser Perspektive also selbst keine vom Marketing ergriffene Maßnahme, sondern bildet das Dach für verschiedene Maßnahmen wie Ambient Media, Ambush-Marketing oder Viral Marketing (vgl. Breitenbach/Schulte 2005b).

Wichtig sind hier 3 Beobachtungen:

  • Guerilla Marketing ist keine Methode, sondern eher eine Philosophie.
  • Guerilla Marketing geht grundsätzlich von einem von Werbung übersättigten Konsumenten aus.
  • Guerilla Marketing braucht die permanente Überraschung, das ständig Neue.

Als nächstes folgt:

(Virale Werbung ist nicht) Word-of-Mouth Marketing, dann (Virale Werbung ist nicht) Viral Marketing, dann (Virale Werbung ist nicht) Branded Entertainment (oder etwa doch?) um dann festzustellen was Virale Werbung denn eigentlich „ist“.

Literatur:

Die Virale Werbung und ihre Nachbarn – Einordnung. – Virale Werbung, Teil 2.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Im Marketing- und Werbediskurs wird eine Vielzahl an Begriffen verwendet, um neue und vermeintlich neue Konzepte zu benennen. Word-of-Mouth-Marketing (Mundpropaganda-Marketing), Viral Marketing, Buzz Marketing, Guerilla Marketing, Branded Entertainment und Viral Advertising (Virale Werbung) sind nur ein Ausschnitt des sich ständig entwickelnden Vokabulars.

Bei der Bestimmung und Analyse dieser Praktiken und Strategien treten im Wesentlichen drei Probleme auf:

  1. Ein sprachliches Problem entsteht dadurch, dass die erwähnten Konzepte allesamt aus dem englischen Sprachraum stammen. Während im deutschen Sprachraum in manchen Fällen eine Übersetzung verwendet wird, wird anderorts der Originalbegriff verwendet.
  2. Dadurch entsteht in weiterer Folge das Problem, dass Begriffe oft synonym verwendet werden (vgl. Balter/Butman 2006).
  3. Darüber hinaus gibt es wenige akademische Publikationen, die sich mit einer Systematisierung der bezeichneten Phänomene beschäftigen, weshalb die Begriffe nach wie vor in der Kommunikationspraxis geformt werden (vgl. Oetting 2006a).

Um eine Antwort auf die Frage zu geben was Virale Werbung ist, sollen deshalb zuerst Konzepte vorgestellt werden, die mit viraler Werbung verwandt sind und oft im selben Kontext oder synonym gebraucht werden.

Weiter zu (Virale Werbung ist nicht) Guerilla Marketing.

Literatur:

  • Balter, Dave/Butman, John (2006): Clutter Cutter. In: Marketing Management, 15. Jg., Heft 4/2006, 49-50.
  • Oetting, Martin (2006a): Was ist viral Marketing?

„Freche Rotzpippen“

Rotznase wird ernsthaft bis vulgär in der Alltagssprache von älteren Menschen verwendet. Sie bezeichnen damit zumeist Kinder und Jugendliche, wenn diese sich frech, respektlos oder nicht altersgemäß äußern oder verhalten. In dieselbe Kategorie gehört auch der Ausdruck „Rotzlöffel“, „Rotzbengel“, „Göre“ und „rotzfrech“, im österreichischen Sprachraum auch „Rotzpippen“ oder „Rotzpipn“. Im positiven Sinne können hierfür die Begriffe „Naseweis„, „Schlauberger“ oder auch „Dreikäsehoch“ verwendet werden.

aus http://de.wikipedia.org/wiki/Rotzpippen#.C3.9Cbertragene_Verwendungen

Das wäre wohl der urösterreichische Ausdruck dafür, was sich die Damen und Herren von der TBWA Media Arts Lab da regelmäßig über Microsoft ausdenken. Diesmal animiert und weihnachtlich, aber kein bisschen braver. Ich bleibe dabei: die Kampagne muss aufpassen, dass der PC nicht immer mehr zum liebenswürdigen Tollpatsch wird. Any comments?

via werbenews.at

Nike – Leave Nothing

Inspiriert vom Blogeintrag „Free trials, brand ideas and communications ideas“ beim Northern Planner bin ich bei meiner Recherche für einen kleinen Workshop/Vortrag an der HTL Braunau auf die Nike-Kampagne „Leave Nothing“ für American Football gestoßen. Die Geschichte von Nike dreht sich zwar nicht erst seit gestern um Selbstmotivation, Überwindung, Siegen und Heldentum, aber diese Spots (von W+K Portland) demonstrieren es meiner Meinung nach extrem anschaulich. Regie führten mit David Fincher und Michael Mann zwei absolute Größen des US-Kinos, was wiederum zeigt, dass man um starke Markenideen durchaus auch einen Film machen könnte (und auch kann – wie Forrest Gump zeigt).

„Fate“ mit Troy Polamalu und LaDainian Tomlinson.

„Leave Nothing“ mit Shawne Merriman und Steven Jackson.

Erster von Fincher, zweiter von Mann.

Rundherum gibt die Idee natürlich auch noch genug her um die Spieler beim Trainieren zu zeigen oder sie über Training, Erfolg und Überwindung sprechen zu lassen. Dass es auf YouTube Hommagen an die Videos gibt sollte nicht wirklich verwundern.

Zwischen Wirkung, Erfolg, Rezeption und Nutzung von (viraler) Werbung. – Virale Werbung, Teil 1.

Zur Übersicht: Virale Werbung – Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.

Wie ich im letzten Post zu meiner Bakkalaureatsarbeit (endgültiger Titel: „Virale Werbung. Erwartungen zwischen Rezeption, Nutzung und Wirkung.“) schon kurz beschrieben habe, dreht sich die Arbeit um das Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis viraler Werbung. Die Frage, die dabei mitschwingt könnte man in etwa so formulieren: „Machen die Menschen mit (viraler) Werbung eigentlich das, was ihre Kommunikatoren damit bezwecken?“

Dass diese vermeintlich einfache Frage so einfach nicht ist, wird schnell klar, wenn man sie anhand der allseits bekannten Lasswell-Formel aufschlüsselt. Strukturiert man das Thema nämlich anhand der Frage „Who Says What In Which Channel To Whom With What Effect?“, sieht man, dass die Frage „Machen die Menschen (Rezeptionsforschung) mit viraler Werbung (Medieninhaltsforschung) eigentlich das, was die Kommunikatoren (Kommunikatorforschung) dabei bezwecken (Medienwirkungsforschung)?“ ein breites Spektrum des Forschungsprogrammes der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft beinhaltet.

Es lohnt sich also kurz auf die Begriffe Wirkung, Erfolg, Rezeption und Nutzung einzugehen. Dabei werden im Wesentlichen die Definitionen von Zurstiege für eine kommunikationswissenschaftliche Werbeforschung herangezogen (2004: 173ff). – absolut lesenwertes Buch übrigens, nur so nebenbei.

Unter Medienwirkungen – und Werbewirkungen sind nichts anderes kann man kontingente Wissens-, Einstellungen- und Verhaltensänderungen verstehen, die auf eine Rezeption von Medienangeboten zurückgeführt werden können. Allerdings – und deswegen kontingent – können diese Veränderungen eben nicht linear kausal erzwungen werden. Medienwirkungen hängen von einer Vielzahl von Operationen von RezipientInnen ab, die sich jeweils in einem bestimmten situationellem und biographischen Kontext befinden und Medien rezipieren wie sie es im Rahmen der Sozialisation gelernt haben. Menschen lernen mit Medien umzugehen und Nachrichten im Schema Nachrichten und Werbung im Schema Werbung zu rezipieren. Dennoch können die Nutzungen der Medien durch einzelne RezipientInnen durchaus unterschiedlich aussehen – sei es zur Entspannung oder zur Anregung, zur Information oder aus sonst irgendeinem nicht unbedingt bewussten Grund. Auf die Werbung bezogen kann man sagen, dass der intendierte Werbeerfolg dann eintritt, wenn Menschen die Medienangebote im Sinne der Werbung nutzen. Da Menschen Medienangebote aber durchaus unterschiedlich nutzen, wird klar, dass die RezipientInnen Werbung keinesfalls so aufzunehmen haben, wie das auf Produzentenseite geplant wurde (vgl. Zurstiege 2007: 174) – wie das auch Vertreter der Cultural Studies, Konstruktivisten und viele andere aufgezeigt haben.

Diese potentielle Diskrepanz zwischen den an bestimmte Nutzungen gekoppelte Erfolgs- und Wirkungserwartungen der Kommunikatoren und der Bandbreite der möglichen Nutzungen der RezipientInnen spannt jedenfalls den weiten Rahmen des Erkenntnisinteresses der Arbeit.

In einer Bakkalaureatsarbeit konnten natürlich nicht alle Fragen behandelt werden, deshalb habe ich das Thema auf fünf Fragen aufgeteilt, von denen drei im Rahmen der Arbeit beantwortet wurden.

1. Was „ist“ Virale Werbung? Was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen Formen der werblichen Kommunikation?

2. Welche Nutzungen und Wirkungen erwartet die Kommunikationspraxis von viraler Werbung?

3. Welche Nutzungen und Wirkungen legen spezifische Ansätze der kommunikationswissenschaftlichen Theorie nahe?

4. Was machen die RezipientInnen mit viraler Werbung?

5. Was bewirkt die Rezeption und Nutzung viraler Werbung?

In einem ersten Schritt wird das Konzept der viralen Werbung untersucht und verwandten Konzepten wie Word-of-Mouth-Marketing oder Viral Marketing gegenübergestellt. Anschließend werden kommunikationswissenschaftliche Theorien und Ansätze herangezogen, die zu einem besseren Verständnis des Phänomens beitragen könnten. Dann wird durch die Inhaltsanalyse von drei Experteninterviews freigelegt, welche Kategorien aus Sicht „der Kommunikatoren“ relevant sind und welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu den angeführten kommunikationswissenschaftlichen Theorien bestehen.

Was bringt das Ganze? Einerseits kann man durch das Heranziehen „traditioneller“ kommunikationswissenschaftlicher Theorien und Ansätze aufzeigen, was das Fach grundsätzlich zur Erklärung des Phänomens beitragen kann – vor allem auch zur empirischen Forschung. Andererseits sollen durch die Einblicke in die Kommunikatorseite Perspektiven aufgemacht werden, die für die weitere Forschung von Relevanz sein könnten.

Weiter zur Einordnung der Viralen Werbung.

Literatur:

Adidas startet die „House Party“

Adidas startet anscheinend gerade seine Original House Party Kampagne für 2009.

Das Ganze ist in meinen Augen wunderbar gemacht: Hunderte kleine Details die man nicht bemerken kann, musikalisch und visuell mit viel coolness gemacht, trotzdem das Produkt schön in Szene gesetzt. Und was noch viel schöner ist: Das ganze hat so viel „meat“, dass man um die gesamte Story eine Menge herumbasteln kann.

Dazu kommt, dass die Celebrities, Sportler, Musiker, Graffiti, etc. für je unterschiedliche Menschen interessant sein können, das ganze also auch global verwendbar sein sollte.

Eine Werbung also die „kulturelles Kapital“ in ganz alltäglichen Interaktionen werden kann. Werbung, die genutzt wird und nicht nur einfach individuell wirken soll. Genauso also, wie sich das Herr Yakob, Herr Oke und die Macher der Kampagne – Sid Lee – vorgestellt haben, als sie diese ganze „transmedia planning“-Sache angefangen haben.

Kommt das auch im deutschsprachigen Raum?

via Julian Cole

Schöne Geschichte von Hornbach

Hornbach positioniert sich (weiterhin) clever und besetzt einen wesentlichen Faktor der Kultur. Was für Jack Daniel’s der Frontier Mythos ist, das ist für Hornbach der Mythos des Heimwerkers, der sich – allen Widerständen zum Trotz sein eigenes Heim schafft.

via werbenews.at.

Etwas das man lesen sollte …

Martin Oetting – früher selbst klassischer Werber – hat auf seinem Blog connectedmarketing.de einen wundervollen Artikel geschrieben, der Kreativen, Kundenberatern, Geschäftsführern und Kunden aller Länder auf das Hirn getuckert werden sollte. Unter dem Titel „Offener Brief an manche Werbekreativen in Deutschland“ geht er auf die Einstellung klassischer Werber Blogs und „Social Media“ gegenüber und die dahinterliegenden Denk- und Agenturstrukturen ein und gibt einige lesenswerte Denkanstöße.

Und ja – natürlich muss auch Herr Oetting von etwas leben, und nein – in Sachen Medien und Kommunikation gibt es keine absolut unzweifelhaften Wahrheiten. Auch ist Mundpropaganda nichts sooo Neues (man google unter Bernbach und Word of Mouth) und das Ende der klassischen Werbung wird auch nicht erst seit gestern an die Wand gemalt (Schilderpest, Reklameflut und ähnliches gab es schon im 19. Jahrhundert). Und auch die Medienlandschaft hat sich immer geändert und hat nie von heute auf morgen ein Medium abgeschafft. Werbung wird es vermutlich immer geben. Reichweite an sich ist auch nicht etwas das von heute auf morgen niemanden interessiert.

Aber es geht um etwas anderes. Die Veränderung der Medienlandschaft, die Akzeptanz des Kunden als Menschen und nicht als metaphorisch müllschluckender „Endverbraucher“ oder auch „Loser“, die tausenden Menschen die aus klassischer Offline-Mundpropaganda „word of mouth on steroids“ gemacht haben, sollten doch dazu führen, dass sich irgendetwas ändert. Nicht nur in Sachen Werbung sondern auch im grundsätzlichen Denken was Design, PR, CRM, … also das allgemeine „Erleben“, die „Experience“ einer Marke betrifft. Das heißt jetzt nicht, dass jede virale Kampagne Millionen mal angesehen werden muss (oder dass virale Kampagnen ach so sinnvoll wären), es heißt auch nicht, dass jede Marke auf Teufel komm raus eine eigene Facebook-Seite braucht (und man sich dann wundert, warum die niemanden interessiert). Und es heißt auch nicht, dass es heute einfach ist, so etwas wie Nike+ auf die Beine zu stellen. Es heißt aber, dass man sich in Sachen Marken- und Kommunikations-Strategie etwas einfallen lassen sollte, das über den klassischen 15- oder 30 Sekünder, Newsletter und Banner-Ads hinausgeht.

Klassischen Werbern denen diese Veränderung nicht gefällt (gut – mag sein), empfiehlt Oetting zur Demonstration ihres Standpunktes zwei einfache Aufgaben zu lösen:

1) Geschichten, Ideen, Konzepte erfinden, die die Massen oder auch die Nischen elektrisieren. Nicht, weil millionenschwere Etats Ihre Ideen in jedes Wohnzimmer tragen. Das kann doch jeder. Nein – so großartig denken, erfinden, entwickeln, dass die Loser kommen, dass ihnen der Mund offen steht und sie begeistert klicken, gucken, und wieder kommen und wieder klicken und wieder gucken, und alle ihre Freunde mitbringen. So dass nicht der Werbedruck die Millionen Zuschauer bringt, sondern allein die Idee. Und dass alle Loser mitmachen, sich einbringen, unterstützen, mithelfen wollen. Wer das wirklich leisten kann, der darf sich dann auch getrost für besser halten.

2) Bei all dem müssen sie jedoch sicherstellen, dass diejenigen, die begeistert sind, später auch kaufen. Denn wer für Passion und Begeisterung sorgt, aber keine Marktanteile bringt, der soll Künstler werden, nicht jedoch im Marketing arbeiten.

Volle Zustimmung von mir. Am Besten einfach lesen.