Fragen und Antworten zum Studium

Hauptgebäude der Universität Wien
In den vergangenen zwei Jahren hat mich der Bildungsberater meiner ehemaligen Schule gefragt, ob ich bei der Studieninformationsbörse der HTL den Schülerinnen und Schülern zur WU und dem Studium im Allgemeinen Rede und Antwort stehen könnte.  Ich habe das immer gerne gemacht, halte Information und Orientierung – Mentoring allgemein – für eine ziemlich wichtige und praktische Sache. Nach der diesjährigen Studieninformationsbörse hat mir einer der interessierteren Schülern geschrieben ob ich ihm mit ein paar Fragen behilflich sein könnte. Dabei dachte ich, dass die Fragen und Antworten vielleicht für mehrere Schülerinnen und Schüler interessant sein könnten.  Ich bin sicher nicht der richtige Ansprechpartner für alle Fragen, trotzdem hoffe ich, dass manche von mit den Antworten etwas anfangen können. Wenn ihr das hier liest und selbst bessere Antworten habt, bitte einfach kommentieren.

85.000 Leute an der Uni Wien. 26.000 an der TU. Das ist schon extrem viel. Wie war eigentlich die Umstellung zwischen HTL und Uni? Ich mein‘ ich bin nicht so der Streber und komme mit meiner „einen Tag vorm Test lernen“-Strategie mit 0 bis 2 4er pro Jahr durch. Wie war das für dich?

Nun, die 85.000 oder 26.000 Leute sind natürlich auf die ganze Unis gemeinsam gerechnet. Das ist an der Uni Wien alles vom Juridicum, über die Afrikanistik zur Chemie und Wirtschaft. Viele der 85.000 wirst du nie zu Gesicht bekommen. Das gleiche gilt für die TU. Das heißt, es kommt schlussendlich viel auf die Studienrichtung an die du vor hast zu wählen. Informatik und Architektur an der TU ist ziemlich gut belegt und auch auf der Uni Wien gibt es viele Studienrichtungen die überlastet sind (Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Theater-, Film- und Medienwissenschaft etc.). Was die Umstellung betrifft gibt es schon Prüfungen, die natürlich schwierig sind und gründliche Vorbereitung, also 1-2 Wochen täglich lernen, brauchen. Alles in allem gab es von den Prüfungen aber nicht so viele. Die größte Umstellung war ein bisschen mit all den Dingen die man in Wien anstatt zu lernen machen kann zurecht zu kommen. Manche schaffen eben diese Umstellung nicht. Oder müssen so viel arbeiten um sich zu finanzieren dass sie dem Studium zu wenig Zeit widmen können. Das hängt aber auch von deinem Studium ab. Eine Technische Physik wird mehr Aufmerksamkeit von dir verlangen als die Publizistik. Das klingt vielleicht hart, ist aber so.

Wie vermutlich alle sagst du auch das Bachelor umsonst ist und wenn man schon studiert gleich den Master auch noch machen soll. Seh‘ ich das richtig?

Das kommt ein bisschen darauf an was du studierst, wie dein eigener Drang nach Wissen und Forschung ist und wie sehr du deine Zukunft in Österreich siehst. Wenn du mal in England, den USA oder sonst wo arbeiten willst in einem Bereich der nicht sehr forschungsgetrieben ist, dann reicht der Bachelor in vielen Fällen sicher aus. Auch in wirtschaftlichen Berufen gibt es sogar in Österreich viele große Unternehmen die Bachelors einstellen (auch Google z.B.). Wenn du dich in Zukunft in Österreich siehst, in einem eher forschungslastigen Bereich und dich sehr für dein Thema interessierst, dann ist der Master natürlich schon auch naheliegend. Einerseits weil in Österreich Titel immer noch viel zählen, andererseits weil dir Master noch 2 Jahre geben dich wirklich ausführlich mit einem Thema zu beschäftigen.

Ich habe in Publizistik zum Beispiel den Master belegt weil ich dachte dadurch wirklich noch Tiefer in die Materie zu kommen. Das hat so zwar nicht gestimmt – der Master ist nicht sehr gut – aber ich hatte dennoch 2 Jahre Zeit um mich mit dem Thema noch mehr zu beschäftigen. Und das war im Nachhinein gut.

Ich kann mir nicht vorstellen mit 25 jahren noch keine Arbeitserfahrung zu haben. Ich meine du, hattest ja auch Praktika oder? Ist arbeiten neben dem Studieren eigentlich „möglich“, so dass man noch Freizeit hat?

Ja, ich habe Praktika gemacht und auch nebenbei gearbeitet. Ob arbeiten neben dem Studieren „möglich“ ist, ist eine schwierige Frage. Das hängt einerseits davon ab wie „gut“ du bist, nicht nur fachlich, sondern auch in Selbstdisziplin und Zeitmanagement und andererseits ob es dein Studium erlaubt. Bei manchen Fächern ist es sicher leichter möglich als bei anderen. Es arbeiten allerdings ca. 2/3 der Studierenden nebenbei, wenn ich mich richtig erinnere. Vor allem nach 2 Jahren haben viele in meinem Bekanntenkreis die erst nach Wien gekommen sind mit Jobs angefangen. Manche arbeiten aber weiterhin nur im Sommer, das hängt auch ein bisschen von der Unterstützung der Eltern ab. Fachspezifische Arbeit zu finden ist zu Beginn immer ein bisschen schwierig, wobei da die HTL schon ein riesen Startvorteil für mich war. Freizeit? Ja, sicher. Ich habe immer mehrere Sport-Kurse belegt, im Sommer für die Mannschaft von Braunau Tennis gespielt, bin normal fortgegangen etc.

Du warst ja in Kanada oder? Sind diese Auslandssemester eher die Ausnahme oder die Regel oder hängt das auch vom Studium ab?

Ja, ich war in Vancouver. In meinem Studium (Internationale Betriebswirtschaftslehre) an der WU ist Auslandserfahrung Pflicht. Diese kann man entweder durch zwei Sommerunis, durch eine Sommeruni und ein Praktikum oder durch ein Auslandssemester decken. In anderen Studien sind Auslandssemester nicht Pflicht, werden aber immer häufiger. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen waren im Ausland – Korea, Schweden, Finnland, Niederlande, Australien, Thailand, …

Wie kann man sich am Besten informieren? Gibt es da „Schnuppertage“ oder kann man Vorlesungen besuchen? Wie bist du auf deine Studienzweige gekommen?

Einerseits natürlich über Menschen die das studieren was sich möglicherweise interessiert, andererseits über Veranstaltungen wie die BEST und in Internetforen der Studienrichtungsvertretungen und der Unis. Vorlesungen sind öffentlich, das heißt du kannst einfach nach Wien fahren und dich dort hineinsetzen. Manche Unis haben auch Tag der offenen Türe und ähnliche Veranstaltungen. Das müsstest du googlen. – Wie ich auf meine Studienzweige gekommen? Ich habe mich immer diffus für Wirtschaft, Menschen, Medien und Technik interessiert und habe mir dann eine Liste an Studienzweigen aufgestellt die sich mit den Themen beschäftigen. Auf dieser Liste sind dann PuKW, Psychologie, Theater-, Film- und Medienwissenschaften, Wirtschaftsinformatik, Medieninformatik und Geschichte gestanden. PuKW hat mich vom Studienplan her (der war online) und von den Namen der Lehrveranstaltungen am meisten interessiert. Medieninformatik war auf zwei. Nachdem Medieninformatik nach einem Semester mangels Begeisterung für Informatik/Mathematik wieder gestrichen wurde, hab‘ ich dann Wirtschaftsinformatik begonnen. Und nachdem ich dort nicht die WU-Spezialisierungen belegen konnte die ich wollte und mich Sprachen immer mehr interessiert haben, habe ich schlussendlich Internationale BWL gemacht.

Ist es normal das man zwei Studienzweige studiert bzw. auf zwei verscheiden Unis? Wieso Wirtschaft und Publizistik- und Kommunikationswissenschaft?

Normal, nein. Es ist sicher insgesamt eher die Minderheit. Auf der Sozial-, Kultur- und Wirtschaftswissenschaft ist es aber schon üblicher als auf der TU zum Beispiel. Wenn man ein möglichst umfangreiches Wissen z.B. über Gesellschaftstheorien oder Medien erlangen will, bietet es sich an z.B. zwei Bachelor-Studien zu belegen. In den USA zum Beispiel ist es ja so, dass man im Bachelor einfach nur einen Bachelor of Arts (BA) studiert und dafür Kurse aus Soziologie, Psychologie, Philosophie, Geschichte, Medien, Wirtschaft, etc. belegt – bei uns sind das alles eigene Bachelor-Studien. Bei uns gibt es das nicht, darum gibt es oft Kombinationen. Warum Wirtschaft- und Kommunikationswissenschaft? Weil ich denke, dass sich die beiden Fächer sehr gut kombinieren lassen, weil mich beides interessiert und zu einem gewissen grad natürlich auch, weil die Internationale BWL eine gewisse „Ausbildung“ ist, die ich als Basis gut finde (Sprachen, BWL-Grundlagen, VWL-Grundlagen …).

Was ist dein Traumjob bzw. was bringt dir dein Studium? Könntest du den Job auch ohne Studieren ausüben?

Mein Traumjob ist im Prinzip der, den ich momentan habe. Bei Planning oder Strategie geht es darum, mit Intuition und Logik (Kreativität und Analyse) dafür zu sorgen, dass Unternehmen und Marken Dinge schaffen, die sowohl für die Menschen als auch für das Unternehmen relevant sind. Das heißt, z.B. dafür zu sorgen, dass Werbekampagnen funktionieren, oder herauszufinden wie man eine Marke besser oder bekannter machen kann, oder dafür zu sorgen dass man ein Produkt teurer verkaufen kann oder neue Produkte oder Marken zu schaffen, die Bedürfnisse von Menschen besser befriedigen als andere. Und das ganze so, dass das was dabei herauskommt nicht etwas ist für das man sich schämen muss. Idealerweise soll es etwas sein, dass die Gesellschaft insgesamt ein wenig besser macht. Aber das ist natürlich schwierig. Der große Traumjob ist ein bisschen genau das bei W+K oder IDEO zu tun.

Könnte ich diesen Job auch ohne Studium ausführen. Theoretisch: ja. Praktisch: nope. Wie Rob Campbell immer anmerkt sind die Qualitäten die man für den Job braucht auch ohne Studium zu erlangen. Das Problem ist nur, dass die meisten Unternehmen niemanden dafür ohne Studium einstellen. Das heißt, entweder man arbeitet ohne Studium verschiedenste Dinge und wechselt dann ins Planning – was geht, aber irgendwie auch nicht einfach ist, oder man studiert, sammelt vielfältige Erfahrungen und hofft dann dadurch besser in dem Job zu werden. Zweiteres war meine Strategie.

Was bringt mir mein Studium? Insgesamt hat es mir einen breiten Überblick über viele unterschiedliche Dinge gegeben. Von Psychologie, über Soziologie, über Pädagogik, Geschichte, Sprachen, Buchhaltung, Logistik, Management, Marketing und so weiter. In der Kommunikationswissenschaft im Speziellen hatte ich Gelegenheit mir meine Gedanken darüber zu machen was die Gesellschaft antreibt, wie sie ihre Themen selektiert und vor allem wie sie sich verändert. Ein bisschen darüber nachzudenken, wie das Leben da draußen, die Medien, die Menschen eigentlich funktionieren. In der Internationalen BWL hatte ich Gelegenheit eine tolle Sommeruni in Vietnam zu machen, ein unvergessliches Auslandssemester in Vancouver, dadurch auch viele Menschen kennen zu lernen – und natürlich auch – ein Fundament an wirtschaftlichem Verständnis das mir so niemand mehr wegnehmen wird können. Wäre das unbedingt notwendig gewesen? Nein, natürlich nicht. Ich hätte auch arbeiten gehen können. Aber es war eine schöne Zeit, in der ich Gelegenheit hatte vieles zu lernen und mir ein besseres Bild von der Welt machen zu können. (Dass ich dabei viele liebe Menschen kennengelernt habe die ich sonst eben nie kennengelernt hätte, das ist natürlich ein weiterer, nicht zu unterschätzender Punkt.)

Freunde des runden Leders, Afrikas und der gepflegten Vinyl-Behandlung vereinigt euch!

Wie du vielleicht weißt – oder auch noch nicht – bin ich bei einer Gruppe von 9 Personen (aus London und New York) die für eine Organisation namens “The Great Football Giveaway” Spenden sammelt. Wir fliegen im November nach Tansania um dort Fußbälle an Kinder in den entlegensten und ärmsten Teilen des Landes zu verteilen.

Es ist ganz einfach: Wir glauben, dass keinem Kind auf dieser Welt die Freude verwehrt bleiben sollte, (Fuß)Ball zu spielen. Es ist eines der einfachsten und spontansten Vergnügen die man haben kann. Auch ganz ohne Stadion, Fans und Millionenverträge. Oder wie Paul Clarke, der Gründer von “The Great Football Giveaway” sagt: „No kid should be denied the chance to kick a ball about. It’s one of life’s most simple pleasures.“

The Great Football Giveaway, das ist eine kleine NGO aus England, die es sich zum Ziel gesetzt hat so viele Fußbälle wie möglich in die Hände oder besser an die Füße von Kindern in armen, vom Tourismus unberührte und zum Teil von Krieg verwüstete Landstriche Afrikas zu bringen. Gemeinsam mit NGOs vor Ort hat das Projekt bisher 15,000 Bälle direkt an Schulen, Waisenhäuser und Kinder in Malawi, Angola, Uganda, Zambia, Ruanda und den Kongo gebracht. Die Teams sind dabei immer selbst organisiert. Ich habe mich über Blogs und Twitter mit acht anderen aus New York und London zusammengefunden. Gemeinsam sind wir nun ein Team bilden das von 4. bis 14. November nach Tansania fliegt.

Jeder Fußball mit Pumpe den wir an die Kinder in Tansania geben, kostet £10, also 12€. Unser nicht ganz bescheidenes Ziel ist 1350 Bälle in der Region zu verteilen, also £13.500 zu sammeln. Knapp £5.300 sind schon geschafft, mit der Party will ich dazu beitragen die £13.500 zu erreichen (Flug, Unterkunft, etc. zahlen wir natürlich selbst).

Nun habe ich mir gedacht, es wäre am vernünftigsten eine Fundraising-Party für mehrere Communities zu machen. Es geht um Fußball. Es geht um Afrika. Und es geht um Freude – also Feiern. Darum sieht das Programm so aus:

Am Montag, den 25.10. im Ragnarhof, ab 20:00.

20:30 – 21:30: Doku “The Great Football Giveaway”. 15,000 Balls, 5 Countries, An Epic Journey. This is football stripped of its money, marketing and celebrity.

„An inspiring film about football, kids & Africa. Brilliant!“ (Fußball-Legende Kenny Dalgish)

ca. 21:30 – 22:00: Kurzfilm „Girl Dreams“ (Antje Grothe, D 2010)

Die Mädchen aus dem Mathare Slum in Nairobi/Kenia trainieren auf einem staubigen Bolzplatz. Sie träumen davon, entdeckt zu werden. Die Chance ist gering, dennoch ist es oftmals ihre einzige Möglichkeit ihre Lebenssituation und die ihrer Familien zu verbessern.

Danach – The Great DJ Giveaway: Feinster Hip Hop / Funk / Soul / Breaks / Beats dargebracht vom DJ-Kollektiv „Frisch Saftig Stylish„.

Da das Ganze zum Spendensammeln gut ist, gibt es einen Eintritt/Spende von 4 € (oder gerne auch mehr, denn: je mehr Geld wir sammeln, desto mehr Bälle gehen nach Tansania). Falls du das Projekt gut findest und nicht kommen kannst, freuen wir uns auch hier sehr über deine Spende.

Hier geht’s zum Event auf Facebook. Also hinkommen und Leute einladen!

Auf nach Tansania

tgfg

Update: Wer will, kann nun hier spenden.

Manche von euch, die auf Twitter mitlesen, haben Neil’s Blogeintrag über „The Great Football Giveaway“ vielleicht schon gelesen. Bei diesem Projekt geht es darum Fußbälle direkt an Kinder in entlegenden und armen Gegenden in Tansania zu verteilen, die ansonsten nicht die Möglichkeit haben einen Ball in der Gegend herumzukicken.

The Great Football Giveaway from The Great Football Giveaway on Vimeo.

Als ich den Eintrag las war ich gleichzeitig schwer beeindruckt und „irgendwie“ skeptisch. Der Skeptiker in mir dachte ziemlich schnell daran was dieses Projekt alles nicht zu lösen im Stande war. Die Welt würde das kaum retten, Tropfen auf den heißen Stein etc. Ich kam schnell zur Einsicht, dass es wichtigere Probleme gibt, größere Dinge die sich ändern müssten damit Tansania (und eine Menge anderer Länder) Wohlstand schaffen und die Armut bezwingen könnte. „Es gibt ja wohl wichtigere Dinge als Fußball, oder? Klar, gibt es.

Auf der anderen Seite war ich aber intuitiv von der Idee begeistert. Sie ist einfach und gut… Ich bewundere ja Menschen die „Dinge machen“, die etwas zustande bringen. „The Great Football Giveaway“ und Neils Sprung in’s kalte Wasser ist genau so etwas.

Am Ende hat die Intuition gesiegt. Mir wurde klar, dass ich in die „Makro-Falle“ getappt war. „Länder“, „Reichtum“, „Armut“ – Dinge die ich auf der Skala – als Nicht-Gottspieler – unmittelbar wenig Einfluss habe, während die Kinder in Tansania jetzt Bälle zum Spielen brauchen. Beim „Great Football Giveaway“ geht es nicht darum die Welt zu retten. Es geht darum Kindern eine Freude zu machen. Ein wenig von dem das wir haben zu teilen, um Kindern in einer entlegenen und armen Gegend Tansaias die Freude an dem Spiel das die Welt im Sommer auf ihrem Kontinent gefeiert hat zu ermöglichen. Es geht um eine machbare Idee, die Leute braucht die sie umsetzen.

Soweit zu meinem Hintergrund. Ich werde mich einer Gruppe von Leuten aus London und New York, die ich großteils nicht persönlich kenne, anschließen und von 4. bis 14. November nach Tansania fliegen. Der Flug nach Dar es Salaam ist gebucht, Impfungen sind in Vorbereitung und – am allerwichtigsten – wir beginnen bald mit dem Sammeln der Spenden für die Fußbälle. Und dann geht es darum, so viele Bälle wie möglich direkt in die Hände der Kinder, in Schulen und Weisenhäuser in Tansania zu bringen. (Wir bezahlen die Flüge und Unterkunft selbst und sind für das Sammeln der Spenden für die Fußbälle selbst verantwortlich.)

Falls ihr die Aktion gut findet, dann leitet sie weiter, erzählt Freunden davon und überlegt euch schon mal ob ihr einen Ball spenden möchtet wenn das Fundraising beginnt. Ich freu‘ mich auf eure Unterstützung – falls ihr sonst etwas beitragen könnt oder möchtet, nehmt bitte einfach Kontakt auf. (wagner.thomas1 ät gmail punkt com)

Replik auf Kassaei, Demner, Kobza und Co: Wo bleibt der Nachwuchs in den Agenturen?

Am vergangenen Donnerstag fand im Redroom am Stubenring eine Diskussion zwischen Amir Kassaei, CCO der DDB Deutschland Gruppe und Mariusz Jan Demner, Chef der größten österreichischen inhabergeführten Agentur Demner, Merlicek & Bergmann zur Zukunft der Werbeagenturen statt. In relativ gemütlicher Runde gab sich dabei die gesamte Führungsriege der österreichischen Werbebranche ein Stelldichein.

Es wurde also viel geredet. über Veränderungen, Verrechnungsmodelle, die rosige oder weniger rosige Zukunft der Werbung, Apple, Obama und Marmeladen. Amir Kassaei wiederholte auch in Wien sein Mantra, wonach Werbeagenturen zu kreativen Unternehmensberatern werden müssten, um nicht in den Geschichtsbüchern zu landen. Demner sieht die Zukunft der Werbeagenturen rosig und weiß nicht von welchen Problemen alle sprechen. (Abgesehen davon, dass weniger verdient wird.)

Die Frage jedenfalls, wie die Werbebranche wieder in eine Position kommt, in der die Kunden auf Augenhöhe mit den Agenturen sprechen und in der auch wieder mehr Geld zu verdienen wäre, wurde an dem Abend mit dem Hinweis auf den „Anspruch“ den die Branche an sich selbst stellen müsste beantwortet.

Wie so oft ist es aber spannender sich anzusehen worüber nicht gesprochen wurde. Im Redroom war dies das Thema „Nachwuchs“. Zwar bemerkte Rudi Kobza dass die guten Jungen fehlen würden und auch Sebastian Loudon fragte Demner und Kassaei explizit welchen Nachwuchs man bräuchte – darauf eingegangen wurde allerdings nicht.

tweet_agenturen

Wo sind also die Jungen, die die Werbebranche wieder dort hinführen könnten wo sie sich in den 60ern wähnte? Die Frage die sich Herr Kobza stellt lässt sich eigentlich sehr einfach beantworten.

Wenn ich mich an den verschiedenen Fakultäten umsehe an denen ich studiere oder studiert habe, egal in welchem Land, dann stelle ich fest, dass die wirklich talentierten Leute die Innovatoren und Leuchttürme in ihrem jeweiligen Feld kennen. WIrklich motivierte Wirtschaftsstudenten kennen McKinsey, Booz, Apple, Microsoft oder junge Unternehmen die sich nie leisten könnten DDB zu engagieren, die IT-Nerds kennen die heißen Web-Start-Ups der jeweiligen Stadt, Google und co, die Designer kennen die „hot shops“ die großartige Dinge für kleine Unternehmen machen oder Game Studios und viele schlaue – als Beispiel für Orchideenfächer – Anthropologen wissen viel über sehr vieles. Aber DDB interessiert sie alle aller Voraussicht nach nicht. Und im Gegensatz zu oben genannten bemüht sich die Branche auch herzlich wenig um sie.

Worauf will ich hinaus? Viele der smartesten Leute die ich in den letzten Jahren persönlich oder durch das Lesen ihrer Blogs kennen gelernt habe arbeiten bei Google, bei Microsoft, bei Nokia oder bei McKinsey. Andere, bis oben hin mit Fähigkeiten die für die Branche nützlich wären, arbeiten lieber auf ihrem Institut für die ESA, streben Firmen wie AdaptivePath an oder machen gleich etwas ganz anderes – von Gedenkdienst, über Lehrer bis zu Entwicklungshilfe. Die, die in der Branche sind oder sich für sie interessieren schauen zu Unternehmen wie Anomaly, Droga5, RGA oder AKQA, wechseln in die PR oder bauen Innovatives auf. Was sie alle gemeinsam haben ist, dass sie ihr Hirn dafür einzusetzen wollen um etwas verändern, nicht um „nur“ Werbeideen zu generieren, in einer Branche die wenig bewegen kann und die – wie auch Tibor Barci erwähnt hat – noch dazu auf einer verstaubten Theorie aufgebaut ist.

Warum ist das so? Von den 60er Jahren bis in die 90er mag Werbung eine der treibenden kulturelle Kräfte gewesen sein. Definitionsmacht über Bedeutungen, conquest of cool, Rock&Roll und Mad Men. Heute hat die Spieleindustrie die Filmindustrie eingeholt, jeder kann immer kommunizieren („Really simple stuff with objects looks like magic. Really hard stuff with screens still just looks like media.“ – Russel Davies) und die Werbung ist nur noch ein kleiner, bei der Gesellschaft unbeliebter und für die meisten irrelevanter Teil der Creative Industries. Eine Branche die glaubt immer noch wahnsinnig interessant zu sein, der sich auf eine Werbeakademie als Nachwuchsschmiede verlässt wo viel mehr notwendig wäre und die – auch das sei gesagt – vergleichsweise miserabel entlohnt.

Klar, es ist immer noch ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man mit seiner Arbeit ein Millionenpublikum beeinflussen kann. Aber muss man dazu heute in die Werbung gehen? Wie viel von dem was die Werbung macht ist denn wirklich gesellschaftlich relevant? Bei wie viel von dem was da an „Kommunikation“ entsteht hat man das Gefühl an etwas großen beteiligt zu sein? Die Wahrheit ist: bei herzlich wenig. Darum, lieber Herr Kobza, interessieren sich die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen nicht für „Werbung“ an sich. Und darum fehlt Ihnen guter Nachwuchs in den Agenturen.


Update 1: Rudi Kobza war so freundlich mir auf Twitter zu antworten. Adaptiert zur besseren Lesbarkeit.

Kobza:

„mach dieselbe beobachtung. agenturen werden wieder interessanter werden. erlebs bei pr, strategy und digital. der einstieg in die agenturen wird aber auch von anderen bereichen als bisher kommen…“

Ich: Die Zukunft nicht im eierlegenden Wollmilchschwein, sondern in kleineren Spezialunternehmen? Wo sitzen dann die Strategen?

Kobza:

Sowohl als auch. Ich sehe 1. Spezialisten: machen Strategie und begleiten. Execution von Agentur oder Kundeninhouse, a la markenstern . Reines Consulting mit hoher Wertschaetzung. Gilt auch für Spezialisten rein digital, pr etc. Dann 2. Agenturen die im Kern Strategie, Big Idea Conception, Execution 360 und tägliche Idea Generation haben. Das die neuen Agenturen wo sich in meinen Augen noch eine große Konzentration abspielen wird. Und Kulturchange in den Agenturen. Dieser Agenturtypus hat sicher auch eine starke Agenturbrand, ist angesehen und wertgeschätzt weil top people. Auch durch laufendes proof of concept – große Kampagnen, Momentum, Innovation, Strategie, Performance etc. daily proofed. Ja und dann seh ich 3. die klassischen Kampagnenmacher die sich auf den Kern der Idee reduzieren. Da fallen mir jetzt schon manche Agenturen ein, die sich plötzlich im Wettbewerb mit freien Teams befinden. Meiner Ansicht zu eng. Die Kategorie der Executoren hab ich bewusst weggelassen weil die können vom Studio bis zum Kunden überall sitzen.

Fazit: 1. und 2. Find Ich persönlich interessant 1. Soll Markenstern, kobza integra abdecken. ad 2. wird sich Lowe GGK als eine der stärksten Agenturen hinentwickeln inkl digital.


Update 2: Die Antwort von Amir Kassaei

Das mit dem Nachwuchs stimmt. Ist aber wieder eine Bestätigung meiner These. Weil wir nichts mehr zu bieten haben, kommen auch nicht mehr die talentierten Leute.

Ich: Ich stimme der These ja zu. Aber für mich muss das auch mit einer Änderung im Recruiting einher gehen. Und das tut es nicht.

Ja, wobei ich sogar so weit gehe zu sagen dass think tank der modernen Prägung ohne Erbe aus der Kommunikationsbranche durchstarten müssen. Heißt auch ganz andere Jobprofile und Menschen. DDB ist und bleibt ein Kommunikationsdientleister das was ich meine hat aber nichts mit DDB zu tun. Auch nicht mit dem Berufsbild des Kommunikationsprofis.

Ich: Davon rede ich ja. Für „back to the roots“, ob als „Think Tank“, als „kreative Unternehmensberatung“ oder in einem Modell wo man Joint Ventures eingeht braucht man andere Leute als die Kommunikationsbranche. Und Wandel aus dem Inneren ist unmöglich?

Ja, weil KFZ Mechaniker dich nicht verstehen wenn du zum Mond willst. 😉

Virale Werbung: Ausblick am Ende der Bakkalaureatsarbiet (Sommer 2008 – Letzter Teil der Serie zu viraler Werbung)

Die vorliegende Arbeit sollte das Konzept Virale Werbung beleuchten und die Erwartungen an ihre Nutzung und Wirkung anhand theoretischer und praktischer Ressourcen herausarbeiten. Während im ersten Teil gelungen ist das Konzept entsprechend abzugrenzen, beziehungsweise zu erweitern und auch auf die zweite und dritte Forschungsfragen einige Antworten gegeben wurden, stehen am Ende dieser Arbeit wie erwartet mehr Fragen als Antworten. Dies liegt vielleicht daran, dass Antworten in Form von Erwartungen erst recht wieder Fragen an die Realität eröffnen.

Im Bereich der Reichweitengewinne durch Virale Werbung zeigt sich weitgehende Einigkeit zwischen den herangezogenen theoretischen Ansätzen und den Annahmen der Praxis. Auch im Bereich der Nutzung gibt es – abgesehen vom Widerspruch für die Klassik relativ simple EmpfängerInnen und für das Virale kritische, kreative, vernetzte RezipientInnen zu sehen – einige Überschneidungen.

Die Antworten auf die Fragen zur Wirkung können allerdings nicht sonderlich befriedigend sein. Zum einen, weil die Forschungsergebnisse der 2-Step-Flow-Kommunikation – der heutigen Netzwerkforschung – mit jenen der Agenda-Setting-Forschung – die sich heute sehr wohl auch mit der Frage danach wie man über etwas denkt beschäftigt – kombiniert werden müssten, um eine bessere Antwort auf die Kommunikationsprozesse bei viraler Werbung geben zu können. Die Forschungsdesigns der Agenda-Setting und Netzwerkforschung könnten der Praxis hier vor allem ermöglichen, das Problem der Werbewirkungsmessung bei viraler Werbung zu lösen.

Zum anderen stellt sich bezüglich der Werbewirkung auch das Problem, dass es sowohl in Agenturen als auch in der Wissenschaft unterschiedliche Ansätze darüber gibt, wie denn Werbung nun funktioniert. Die Ansätze unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Bedeutung der Aufmerksamkeit bei der Rezeption, den Hierarchien der Verarbeitung und vor allem der grundlegenden Bedeutung von Kognition und Emotion (Vakratsas/Ambler 1999, Heath/Feldwick 2008). Auf dieser Ebene der individuellen Rezeption braucht es deshalb andere Ansätze als die hier vorgestellten.

Die explizite wissenschaftliche und implizite praktische Theorie gibt jedenfalls viele Fragen nach der Rezeption, Nutzung und Wirkung viraler Werbung auf. Einige davon:

  • Wie wird Virale Werbung rezipiert?
  • Wie unterscheidet sich die Rezeption von viraler Werbung und TV-Werbung hinsichtlich der Zuwendung?
  • Welche Nutzen ziehen Menschen aus der Rezeption von Werbung?
  • Welchen Nutzen ziehen Menschen aus der Weiterleitung von Werbung?
  • Welche Auswirkung hat die persönliche Empfehlung einer Werbung auf die Werbewirkung?
  • Welche Auswirkung hat die Rezeption einer Werbung über Angebote wie YouTube auf die Wirkung, wenn die Werbung selbst gefunden wurde?
  • Bestehen Unterschiede in der Werbewirkung zwischen EmpfehlerInnen und EmpfängerInnen?

Wie immer folgen auf einige Antworten also viele weitere Fragen.

Vakratsas, Demetrios /Ambler, Tim (1999): How Advertising Works: What Do We Really Know? In: The Journal of Marketing, 63. Jg., Heft 1/1999, 26-43.
Heath, Robert/Feldwick, Paul (2008): Fifty years using the wrong model of advertising. In: International Journal of Market Research, 50. Jg., Heft 1/2008: 29-59.

Virale Werbung: Erwartungen aus Theorie und Praxis (Teil 18 der Serie zu viraler Werbung)

Anhand der ersten drei Forschungsfragen lassen sich nun die Erwartungen und Annahmen der Praxis mit jenen aus den herangezogenen kommunikationswissenschaftlichen Theorien vergleichen. Dabei ist wichtig anzuführen, dass andere theoretische Ansätze auch andere „Probleme“ zu Tage befördert hätten.

Was „ist“ Virale Werbung? Was sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen Formen der werblichen Kommunikation?

Aus der Analyse der vorhandenen Literatur und den verschiedenen Verwendungsformen der Begriffe in der Praxis zeigte sich, dass das Konzept der viralen Werbung mit verschiedenen Kommunikationsmaßnahmen verwandt ist und aus diesen verschiedene Elemente übernimmt. So ist der Inhalt viraler Werbung zumeist unkonventionell, was für die Philosophie des Guerilla Marketings spricht. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass es auch hinsichtlich der Unterhaltsamkeit des Inhaltes Überschneidungen mit Guerilla Marketing, Word-of-Mouth-Marketing, Viral Marketing und vor allem dem Branded Entertainment gibt. Die Funktionsweise der viralen Werbung lehnt sich an die bereits seit den 50er Jahren in der Marktkommunikation verbreitete Auffassung der hohen Bedeutung interpersoneller Kommunikation und der Möglichkeit der viralen Verbreitung von Informationen in Zeiten des Internets an.

Ein Blick in die Hintergründe und Gemeinsamkeiten der Ansätze zeigte, dass die sogenannte Krise der Werbung das wesentliche Argumentationsmaterial für die Verfechter der neuen Ansätze liefert. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Krise der Werbung eine durch vom gesellschaftlichen Funktionssystem Werbung selbst ausgehenden Operationen verursacht und durch neue Variationen wieder gelöst wird: so verknappt Werbung Aufmerksamkeit durch den Versuch sie zu erreichen und so braucht die gute Werbung die schlechte um als gute ihre Wirkung erfüllen zu können. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass das Konzept virale Werbung auf die zunehmende Verschmelzung der massenmedialen mit der interpersonellen Kommunikation aufbaut und dass die wachsenden Bedeutung des Webs jenen Konzepten zum Aufstieg verholfen hat, die im Vergleich zur klassischen Werbung nutzerzentrierte Ansätze verfolgen. Schließlich wurde angeführt, dass „viral“ eine Kategorie ist, die aus der Perspektive der RezipientInnen zu sehen ist. Ob ein Spot viral ist, lässt sich bei der Planung nicht sagen, womit man von viraler Werbung mit kleinem v schreiben sollte.

Auch die Ergebnisse der Experteninterviews zum „Wesen“ viraler Werbung beinhalten diese Konstrukte und Relationen – wenn auch weniger explizit. Sowohl die Ungewöhnlichkeit, die Unterhaltung, die Bedeutung der interpersonellen Kommunikation, die virale Ausbreitung als auch die Krise der Werbung finden sich in den Ausführungen in Bezug auf Virale Werbung wieder. Auch eine zunehmende Konvergenz von massenmedialer und individueller Kommunikation wird von den Agenturvertretern angenommen. Die historischen Kontinuitäten der Ansätze wie der Mundpropaganda oder der Krise der Werbung sind dagegen weniger präsent.

Welche Nutzungen und Wirkungen erwartet die Kommunikationspraxis von viraler Werbung?

Die wesentliche Handlung, die von RezipientInnen bei viraler Werbung erwartet wird, ist wenig überraschend das Weiterleiten der erhaltenen Botschaft. Die Kommunikationspraxis geht weiters davon aus, dass Virale Werbung eine Vielzahl an Nutzen für die RezipientInnen bieten kann – von der Unterhaltung bis zum Erlangen von Feedback im sozialen Umfeld. Allerdings wird diese Verhaltensweise nur bei viraler Werbung erwartet, nicht bei Werbung an sich. Das Bild der RezipientInnen in der Werbung ist in gewissem Maße ambivalent. Während die sie bei der Konzeption klassischer Werbung als die EmpfängerInnen einer Botschaft gesehen werden, wandelt sich das Bild bei viraler Werbung plötzlich zu kritischen, vernetzten, spielerischen, aktiven Menschen. Darüber hinaus wird der Werbung schon grundsätzlich die Aufgabe zugesprochen interessant und begeisternd zu sein, während genau diese Kriterien auch beim Wesen „viraler“ Werbung zur Sprache kommen; eben diese Überschneidung und Trennung macht die unterschiedlichen Bilder der RezipientInnen etwas unverständlich.

Die erwarteten Wirkungen von viraler Werbung sind im Wesentlichen Awareness und Image-Änderung, wobei der Image-Wirkung die höhere Bedeutung zugesprochen wird. Aufmerksamkeit (im Sinne von Awareness) für eine Marke sei zwar auch oft ein Ziel der Werbung, um etwas für die Markenwerte zu machen, müssten die Botschaften allerdings von der klassischen Werbung konstruiert werden. Es wird also von einer Image-Änderung durch die Rezeption von viraler, wie auch klassischer Werbung ausgegangen. Das reine Erreichen der Aufmerksamkeit ohne Image-Wirkung ist zwar möglich, aber nur selten gewünscht. Parallel dazu wird angenommen, dass die Rezeption viral verbreiteter Werbung eine stärkere Wirkung habe als im TV rezipierte Werbung. Dies wird durch die aktive Zuwendung im Gegensatz zur Rezeption von TV-Werbung und durch die Empfehlung und damit des persönlichen Einflusses eines Bekannten erklärt. Im Idealfall wird für Virale Werbung erwartet, dass sie zwar aktiv, aber nicht als Werbung rezipiert wird. Diese Erwartung stellt für eventuelle Untersuchung die Frage nach der Rezeptionsintensität als vermittelnde Variable der Werbewirkung.

Was die Reichweite viraler Werbung betrifft wird von ihr erwartet, dass über sie Menschen erreicht werden können, die ansonsten über die klassischen massenmedialen Kanäle nicht erreichbar wären. Während aber einer erfolgreichen viralen Kampagne sehr wohl massenmediale Effekte in den Zielgruppen zugetraut werden können, wird Virale Werbung nicht automatisch als dazu geeignet gesehen, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.

Welche Nutzungen und Wirkungen legen spezifische Ansätze der kommunikationswissenschaftlichen Theorie nahe?
Für die Nutzung der viralen Werbung durch die RezipientInnen wurde auf Erkenntnisse der Uses-and-Gratifications-Forschung zur klassischen Werbung zurückgegriffen. Dabei zeigte sich, dass für werbliche Medienangebote, wie auch für andere Medien, eine Vielzahl an unterschiedlichen Nutzen möglich ist. Zum einen zeigten die Forschungen, dass Werbung als Programm rezipiert wird und mit Programm gemessen wird. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass Werbung neben der Verwendung zur Unterhaltung auch als „kulturelles Kapital“ zur Schaffung der Identität, zur kreativen Deutung der Welt und vor allem in sozialen Interaktionen Verwendung findet. In Bezug auf Virale Werbung im Kontext der starken interpersonellen Vernetzung über Webangebote wie YouTube, facebook und anderen sogenannten Web 2.0-Angeboten lässt sich anhand dieser Ergebnisse vermuten, dass eben diese Nutzen, vor allem in Bezug auf die soziale Interaktion und Unterhaltung auch im Fall Virale Werbung eine wesentliche Rolle spielen.

Dabei sollte allerdings berücksichtigt werden, dass Gespräche über Werbung keinesfalls mit Gesprächen über Marken oder Produkten verwechselt werden sollten. Dies wird vor allem relevant, wenn man sich die Ergebnisse von Lazarsfeld, Berelson und Gaudet vor Augen führt. Deren Ergebnisse legen nahe, dass interpersonelle Kommunikation andere Menschen erreicht als die massenmediale Kommunikation und dass diese persönliche Kommunikation eine stärkere persuasive Wirkung hat. Im Normalfall kann bei Werbung aber nicht davon ausgegangen werden, dass jemand von der Güte einer Werbung, sondern von bestimmten Eigenschaften und Werten einer Marke überzeug werden soll – weswegen diese grundsätzliche Unterscheidung von Bedeutung ist. Dennoch kann aus den Ergebnissen der Wahlstudie von 1940 relevantes für Virale Werbung erschlossen werden.

Wie auch von den Vertretern der Kommunikationspraxis angeführt, legen die Ergebnisse der Theorie nahe, dass Virale Werbung andere Menschen erreichen kann als massenmedial vermittelte Inhalte. Darüber hinaus, und auch das wird auf Agenturseite erwartet, kann Virale Werbung aber auch Menschen anders erreichen. Der persönliche Einfluss nach Lazarsfeld, Berelson und Gaudet zeichnet sich durch einige psychologische Vorteile aus, die ihn der massenmedialen Vermittlung überlegen machen. Zum einen haben persönliche Gespräche keine unmittelbar persuasive Absicht, wie sie von Werbung erwartet wird. Zum anderen besteht bei der persönlichen Interaktion eine höhere Flexibilität beim Überwinden von Widerständen, eine mögliche Belohnung für Konformität und ein höheres Vertrauen der Menschen in persönliche Quellen. Es stellt sich also die Frage danach, welche Auswirkung persönlicher Einfluss auf die Rezeption von Werbung hat.
Die Ergebnisse von Lazarsfeld et al sind unter dem Licht der Wichtigkeit und Präsenz eines amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfes zu sehen, weshalb der Agenda-Setting-Ansatz herangezogen wurde, um Licht auf dieses Kategorie zu werfen. Der Agenda-Setting-Ansatz stellt die Frage nach den Wirkungen der Medienagenda und legt nahe, dass weniger persuasive als vielmehr kognitive Wirkungen im Sinne von Salienz bestimmter Themen zu erwarten sind. Für die Werbung bedeutet das – im Gegensatz zu den Erwartungen der Kommunikationspraxis –, dass weniger die Einstellungsänderung, als vielmehr die Erreichung von Salienz in den Köpfen der Menschen durch die Präsenz in den Medien erreichbar ist.

Für die Virale Werbung bedeutet der Agenda-Setting-Ansatz mehrerlei. Zum einen legt die Beurteilung der Realität durch die Medienagenda die Präsenz in den von Zielgruppen genützten Medien nahe. Virale Werbung mit ihrer Verbreitung in Blogs, Communities und in persönlichen Interaktionen lässt sich also als Mittel zum Zweck der Erreichung einer starken Präsenz sehen. Weiters kann man erwarten, dass über Marken, die bereits salient sind, mehr gesprochen wird als über Marken die in den Köpfen der Menschen weniger präsent sind. Betrachtet man dann die Weiterleitung einer Werbung auch nur als eine soziale Interaktion über Werbung, dann legt dies nahe, dass Werbungen bekannter Marken eher weitergeleitet werden, als jene weniger bekannter Marken. Auch dies widerspricht den Ansichten der Praxis in der vermehrt Wert auf den Inhalt und die Idee des Spots und weniger auf die Marke gelegt wurde. Führt man die Ergebnisse der Forschung zu persönlicher Kommunikation und der Agenda-Setting-Theorie zusammen, so würde dies nahe legen, dass es wichtiger ist mit der Marke an sich präsent zu sein, um dann die Persuasion der Kommunikation in den interpersonellen Netzwerken zu überlassen. Wie aber bereits angeführt, findet bei viraler Werbung die Kommunikation über Werbung relativ unabhängig vom Produktkonsum statt, was auch auf Seiten der Theorie die Frage nach der intervenierenden Funktion des Rezeptionsmodus viraler Werbung auf die Werbewirkung eröffnet.

Erwartungen aus der Praxis: Die Rolle der Rezipientinnen und Rezipienten (Teil 17 der Serie zu viraler Werbung)

Die Rolle der RezipientInnen im Konzept virale Werbung ist eine gespaltene. Zum einen sind sie RezipientInnen im Sinne der klassischen Werbung, das heißt EmpfängerIn und AdressatIn einer Botschaft, über den man sich bei der Konzeption von Werbung Gedanken macht. Zum anderen wird von den RezipientInnen viraler Werbung erwartet, dass sie diesen Inhalt an Personen in ihrem Umfeld weiterleiten, also aktiv handeln.

Die RezipientInnen sind aus Sicht der PraktikerInnen stark vernetzt, offen im Umgang mit Neuem, erfahren im Umgang mit Werbung und dem Internet und auch sehr kritisch, was sich in der Wichtigkeit zeigt, die der Glaubwürdigkeit und Stimmigkeit von werblichen Angeboten beigemessen wird. Virale Werbung, die sich plump als Nicht-Werbung tarnt oder aber auch inhaltlich unglaubwürdige Werbung, würde bei den RezipientInnen auf Ablehnung stoßen und in weiterer Folge leicht starke negative Aufmerksamkeit schaffen.
Wie sich allerdings auch bei der Vorstellung der vernetzten „User“ zeigt, werden die RezipientInnen durchaus als soziale Wesen wahrgenommen, die aus der Rezeption und Weiterleitung von Werbung eine Vielzahl an Nutzen ziehen können.

Also ich denk mir […] es ist zwar so, dass viele Leute über Werbung schimpfen und auch sagen, ich will mit Werbung nichts zu tun haben […], aber letztendlich ist […] Werbung doch ein […] Bereich wo sehr kreativ oder sehr lustig, sehr spannende Sachen passieren. Und wenn ich natürlich wirklich das schaffe […] so was zu produzieren, dass es wirklich lustig und witzig ist, dann wird oft […] beim Betrachter in den Hintergrund rückt, dass das Werbung ist. (Waaijenberg, Anhang 6: 11)

Weil er sich unterhalten gefühlt hat. Weil er es schön gemacht findet. Es ist eher der Spaßfaktor. […] Oder wenns ungewöhnlich daherkommt. (Anonym, Anhang 8: 9)

Aber eins, und da bin ich der großen Überzeugung davon, eines der großen Bedürfnisse der Menschen ist, Resonanz zu erhalten. Und wenn ich einen total witzigen Spot herumschicke, der einfach wirklich gut gemacht ist, ja, und den an meine Freunde schicke, dann erhalte ich als Resonanz und Mehrwert irgendwie eine, eine Art von positives Feedback. (Mühr, Anhang 7: 11)

Ganz vorne steht der Unterhaltungsnutzen, den RezipientInnen aus Werbung ziehen und so zu viraler Werbung machen. Darüber hinaus wird aber auch – wie vom Vertreter der Interaktivagentur geäußert wurde – erwartet, dass sie dadurch ihre Position im sozialen Netzwerk stärken, interessant oder anders erscheinen können und vor allem selbst Aufmerksamkeit und soziales Feedback erhalten würden. Diese Phänomene, die Vernetzung und das aktive Handeln, werden dabei nicht auf die Gegenwart beschränkt, sondern als fundamentale menschliche Bedürfnisse gesehen.

Erwartungen aus der Praxis: Wirkungserwartungen (Teil 16 der Serie zu viraler Werbung)

Wie bereits erwähnt tritt für die Praxis bei der Wirkung von viraler Werbung das Problem der Messbarkeit auf. Solange man etwas nicht messen kann, kann man auch wenig konkrete Erwartungen haben. Die Anzahl der Aufrufe oder Klicks auf einen weitergeleiteten Spot sagen nicht nur nicht aus, wer etwas gesehen hat, sie geben auch über die Art der Rezeption und Wirkungen wie Awareness oder Image-Änderungen keine Auskunft. Während in der TV-Werbung, im Print- und im Plakat-Bereich ausgefeilte Mess- und Arbeitsprozesse zwischen Werbe- und Mediaagenturen und den Medien bestehen, fehlen derartige Institutionen im Web nahezu vollständig.

Ja, die kann man ja schlecht messen. Also du kannst einen Klicks messen oder so, aber du kannst nicht sagen, ich habe jetzt spontan die Bekanntheit von auf gesteigert. Das ist mehr […] eine Image Geschichte. (Anonym, Anhang 8: 4)

Und [.] bei den anderen Medien, TV und Print ist es auch schon so eingespielt, gibt es schon die ganzen Institute, die das messen und Marktforschungsumfragen, die schauen, wie kommt der Spot an, welcher Markt ist gerade am beliebtesten. Das kann man irgendwie messen, aber im Internet tut man sich da noch schwer. (Waaijenberg, Anhang 6: 3)

Dennoch gibt es eine Reihe von Erwartungen und Vermutungen über die Wirkung Viraler Werbung.
Es wird erwartet, dass die Rezeption viraler Werbung eine höhere Qualität hat, als jene von klassischer TV-Werbung, wobei unter höherer Qualität wohl die Intensität der Wirkung verstanden werden darf. Diese höhere Qualität des „Werbemittelkontaktes“ wird einerseits durch den persönlichen Einfluss erklärt, dem eine starke Wirkung nachgesagt wird, und durch die Art der Rezeption an sich, die intensiver und aktiver wäre als jene von klassischer TV-Werbung. Es besteht also die Annahme einer grundsätzlich höheren individuellen Wirkung durch den besonderen Modus der Rezeption viraler Werbung, wobei hier die Perspektive der EmpfängerInnen viraler Werbung betrachtet wird.

Andererseits gibt es einfach Erkenntnisse, dass sozusagen Kampagnen die, oder Inhalte, die vom Menschen zu Menschen übertragen werden einfach viel größere Impact und, haben und viel größere Beachtung finden, als wenn Massenmediale oder Organisationen Botschaften verbreiten. (Mühr, Anhang 7: 4)

Weil die Rezeption von solchen Dingen ganz anders ist. Im Fernsehen rennts ja quasi an dir vorbei und bei diesen viralen Sachen, da schaust du dir das bewusst an. […] Es ist eher der qualitative Kontakt und nicht der quantitative. (Anonym, Anhang 8: 3)

Was die Art der Wirkung betrifft gibt es drei Typen die sowohl für virale als auch für klassische Werbung erwartet werden: Image-Änderungen, Aufmerksamkeit und Response, wobei Image-Änderung, ob bewusst oder unbewusst als wichtigste Änderung genannt wurde.

Bei der Rolle der Aufmerksamkeit gibt es unterschiedliche Ansätze, wohl auch wegen der unscharfen Abgrenzung der Konstrukte „Awareness“ als Ziel und Aufmerksamkeit als Rezeptionsmodus. Während Aufmerksamkeit als Vorbedingung für erfolgreiche Image-Änderung gesehen wird, wird auch das Erreichen von Awareness ohne die Veränderung der Einstellungen als eine mögliche Wirkung gesehen. Die Gegenüberstellung von Persuasion mit Agenda-Setting bereitet an dieser Stelle gewisse Schwierigkeiten, da Persuasion im Leitfaden und Interview im Deutschen als „Überzeugung“ übersetzt wurde, was wohl einen gewissen rationalen Unterton hat und in den Werbewirkungserwartungen der Praxis als Konstrukt so nicht bekannt ist. So lässt es sich dann auch erklären, warum von Werbung einerseits keine Überzeugung erwartet wird, aber gleichzeitig Image-Änderungen ganz oben auf der Agenda stehen. Zum Thema Aufmerksamkeit lässt sich abschließend mit Blick auf die Ergebnisse der Kategorien Reichweite und Wirkung sagen, dass sie ein wesentliches Ziel der Werbung ist, das allerdings der Originalität und den zu vermittelnden Markenwerten nicht untergeordnet werden darf. Das heißt, dass Agenturen letztendlich in ihre Möglichkeit zur Image-Änderung glauben und diese Wirkung höher eingeschätzt wird als das Erreichen bloßer Aufmerksamkeit.

Aber das dann, es müsste, also ich glaube auch, das müsste eher aus der klassischen Werbung kommen, aus der klassischen Ecke, dass das wirklich was für eine Marke tut. […] Die Markenwerte transportieren und solche Sachen. Und nur zwecks der Gaudi ist es glaube ich vergeudetes Geld. (Anonym, Anhang 8: 6)

Ich glaube nur dass es nicht die Originalität der Marke nicht ganz aufgegeben werden darf. Da stimme ich überein. Es geht um Glaubwürdigkeit. (Mühr, Anhang 7: 6)

Erwartungen aus der Praxis: Reichweite viraler Werbung (Teil 15 der Serie zu viraler Werbung)

Weiter geht es mit der Darstellung der Ergebnisse der Interviews mit Alexander Mühr von DraftFCBi (Xing, Facebook), Albert Waaijenberg von Demner, Merlicek& Bergmann und einer dritten Person, die nicht genannt werden möchte. Der Text gibt die zusammengefassten und kategorisierten Aussagen der Befragten wieder, die von mir aneinandergereiht und miteinander verbunden wurden. Die Gespräche wurden im Sommer 2008 geführt und inhaltsanalytisch nach Mayring untersucht. Der Text gibt die zusammengefassten und kategorisierten Aussagen der Befragten wieder, die von mir aneinandergereiht und miteinander verbunden wurden.

Von Viraler Werbung wird erwartet, dass sie Menschen erreichen kann, die über klassische Werbung nicht erreicht werden hätten können. Botschaften also, die über klassische Werbung nicht bei der relevanten Zielgruppe vermittelt werden können, sollen über die interpersonellen Kommunikationsnetzwerke verteilt werden.

Dementsprechend wird virale Werbung, die nicht verbreitet wird als sinnlos angesehen.

Ich meine […] es ist natürlich bei viralen Kampagnen notwendig, dass sie einen Impact haben. Also Impact oder halt wirklich viele Kontakte erzeugen, weil sonst sind sie ja sinnlos wenn es nur 2000 Leute sind. (Mühr, Anhang 7: 10)

Und beim Internet ist irgendwie […] die Schwierigkeit, dass man eben schnell mal trotzdem zwanzigtausend in den Sand gesetzt hat und nur tausend Leute haben den Film angeschaut. (Waaijenberg, Anhang 6: 3)

Bei den Erwartungen an die Reichweite und Verbreitung tritt für die Vertreter der Werbeagenturen allerdings ein Problem auf, dass sich auch bei der Diskussion der Wirkungserwartungen sehr schnell zeigt: jenes der Mess- und Steuerbarkeit. Im Fall der Reichweite führt dies zu einem veritablen Widerspruch. Zum einen wird von Werbung im Internet eine zielgenaue Ansprache bestimmter Segmente erwartet, zum anderen wären aber die Steuerung und Messung der Reichweite bei viraler Werbung nicht oder nur schwer möglich.

Ich kann natürlich Foreneinträge anschauen […]. Nur das allein, der Zugriff allein, ist noch kein aussagekräftiger Wert. (Mühr, Anhang 7: 3)

Und man weiß zwar, dass eine Million User jetzt auf dieser Seite waren wo meine Werbung gelegen ist, aber wie viele von dieser Million Zuschauern da wirklich auf meine Werbung reagiert. Das ist immer noch die größere Unbekannte. (Waaijenberg, Anhang 6: 3)

Eine virale Kampagne ist eine, die sich verbreitet jenseits der klassischen Werbung. Und das passiert dir oder passiert dir nicht. Also das kannst, ich glaube es ist schwer steuerbar. (Anonym, Anhang 8: 2)

Diese Problematik beim Konzept viraler Werbung kann auch da beobachtet werden, wo es um die Frage der Abdeckung größerer Reichweiten geht. Während viraler Werbung im Falle erfolgreicher Kampagnen über Blogs und Communities durchaus „massenmediale Effekte“ zugetraut werden, wird sie zum derzeitigen Zeitpunkt zum automatischen Erreichen einer breiteren Öffentlichkeit als nicht geeignet empfunden.

Diese Schwierigkeit könnte erklären, warum „Virals“ in den häufigsten Fällen ergänzend zu TV- und Print-Werbung eingesetzt oder bei der Realisierung der klassischen Werbung von Seiten der Agentur mitgedacht werden. Klassische Werbemaßnahmen garantieren eine gewisse Mindestanzahl an Kontakten mit der Zielgruppe, wenn darüber hinaus Reichweitengewinne durch die Verbreitung über interpersonelle Kommunikationsnetzwerke erreicht wird, so ist das ein erwünschter Nebeneffekt. Virale Verbreitung oder auch Gespräche über klassische Werbung werden allerdings nicht als notwendig für den Erfolg von Werbung an sich betrachtet.

Erwartungen aus der Praxis: Das „Wesen“ viraler Werbung (Teil 14 der Serie zu viraler Werbung)

Bisher behandelte die Bakkalaureatsarbeit ausschließlich theoretische Ansätze die man auf virale Werbung übertragen kann. Nun kommen Auszüge aus Kapitel 5, in der die Ergebnisse aus Experteninterviews mit 3 Vertretern der österreichischen Werbebranche diskutiert werden. Dabei geht es zuerst um das „Wesen“ viraler Werbung, dann um die Erwartungen an Reichweite, Wirkungen und die Rolle der RezipientInnen. Die Gesprächspartner waren Alexander Mühr von DraftFCBi (Xing, Facebook), Albert Waaijenberg von Demner, Merlicek& Bergmann und eine dritte Person, die nicht genannt werden möchte. Die Gespräche wurden im Sommer 2008 geführt und inhaltsanalytisch nach Mayring untersucht. Der Text gibt die von mir zusammengefassten und kategorisierten Aussagen der Befragten wieder.

Anhand der erhaltenen Definitionen und der im Gespräch geäußerten Facetten lässt sich ein Bild des „Wesens“ viraler Werbung für die Kommunikationspraxis zeichnen.

Virale Werbung […] wenn man es jetzt mit einer Agentur vergleicht, ist es vielleicht das, wie sich in einer Firma oder in einer Agentur eben ein Gerücht verbreitet. (Waaijenberg, Anhang 6: 13)

Ein Stück Werbung, das so speziell ist, dass es sich quasi von selbst verbreitet. (Anonym, Anhang 8: 11)

Unternehmenscontent mit eindeutigen, mit schlussendlich werblichen bzw. marketingrelvanten Aufgaben, der aufgrund seiner Beschaffenheit, seiner Aufmachung, seiner Umsetzung dazu führt, dass er freiwillig von Rezipienten verteilt wird und sich dazu im Idealfall auch wirklich in einer viralen also exponentiellen oder schneeballartigen Weise verbreitet. (Mühr, Anhang 7: 19)

Virale Werbung wird als Unternehmensinhalt gesehen, der eine gewisse außergewöhnliche Beschaffenheit hat und sich eben aufgrund dieser Beschaffenheit exponentiell, „wie von selbst“ über ein Medium verbreitet. Die Außergewöhnlichkeit des Inhalts bezieht sich dabei auf einen Mehrwert aus den Bereichen Unterhaltung oder Information. Allerdings wären diese Eigenschaften nicht von vornherein festlegbar, da schlussendlich die RezipientInnen entscheiden würden, was viral wird. So könnten auch TV-Spots, ob der zunehmenden Konvergenz der verschiedenen Medientechnologien, viral verbreitet werden.

Darüber hinaus wird es nicht als ausschlaggebend gesehen, ob der Inhalt nun von einer berühmten Marke kommt oder nicht, da es sich bei viraler Werbung eben um etwas handelt, das nicht vordergründig Werbung ist oder sein sollte. Den Erwartungen der Interviewpartnern zufolge steht bei der Weiterleitung der Werbung eindeutig der außergewöhnliche Inhalt im Vordergrund.

Interessant ist hier, dass bei viraler Werbung deren Ungewöhnlichkeit aus den Bereichen Unterhaltung und Information betont wird und gleichzeitig auch bei der Werbung an sich von den Gesprächspartnern angemerkt wird, dass es nur darum gehen kann, etwas zu schaffen, das interessiert und begeistert. Wenn also die Werbung im Allgemeinen nur interessieren kann und etwas sein kann das man sie sich gerne ansieht, stellt sich die Frage, wo nun genau der Unterschied zu viraler Werbung im Speziellen liegt.